„Estora.“ In Vaaris bedeutete das soviel wie „unentdeckt“. Eine Reise dorthin. Interessant. Sie trat näher an die Aufmachung, auf der stand:
Estora Quest
Seid Ihr mutig? Seid Ihr gewillt, ein Abenteuer auf Euch zu nehmen?
Erfahret Eure Grenzen, beweist Euren Zusammenhalt.
So erscheint am 4. des Monats Kirfar am Hafen Helions.
Die „Equiley“ wird Euch erwarten.
PS: Um eine tolerante Auffassung gegenüber anderen Rassen wird gebeten.
Captain Racorn
Miluiel sah Clee an. Diese trug den selben gleichgültigen Gesichtsausdruck wie jedes Mal, wenn es um Entscheidungen ging. Die Frage: „Gehen wir dahin?“ Sparte sie sich gleich, um unnötige Diskussionen um ihr Desinteresse zu vermeiden.
Wortlos ging sie voraus in Richtung Hafen. Sie musste viel daran denken, wem sie es zu verdanken hatte, dass sie nun wieder frei war. Warum durfte sie ihn nicht mehr sehen?
Schnell verbannte sie diese Gedanken aus ihrem Kopf. Denn nun brauchte sie einen klaren um Clee die Magie zu lehren, denn den einzigen Zauber, den sie auch schon bei ihrem ersten Zusammentreffen geprobt hatte, musste exakt beherrscht werden. Abgesehen davon weigerte sie sich, einen anderen Zauberspruch zu erlernen.
Doch Clee respektierte Miluiel in hohem Maße und würde sicher irgendwann für andere Sprüche zugänglich werden.
Nun waren sie am Hafen angekommen.
„Sagt mir, wo finde ich die ‚Equiley’?“, fragte Miluiel einen Bootsmann. Der sah sie und die Kleine erst einmal von oben bis unten an. Kein Wunder – beide trugen Kutten, um ihre elbische Herkunft zu verbergen.
„Ah.. Die Equiley. Geht besser nicht dorthin... Ahem... My Lady. Dort treiben sich gruselige Gestalten herum... Jaja... gruselig! Wenn ihr mir euer Ziel sagt, werde ich sicher ein besseres Schiff für Euch finden.“
„Wo liegt die ‚Equiley’?“, fragte sie nun noch einmal mit Nachdruck.
„Ihr ... Ihr ... Nun gut, wenn ihr dem Alten Ohm nicht Glauben wollt... Geht bis zum Ende des Stegs“, er zeigte hinter sich, „und dort werdet Ihr das Schiff finden. Ich... ich habe Euch gewarnt... Der Alte Ohm hat noch nie ...“ Mehr verstand man nicht mehr. Mit einem Ausdruck des Grauens hatte der alte Mann sich abgewendet und war von dannen gehumpelt.
„Hmm....“
„Hast du was gesagt, Clee?“ Miluiel sah sie an. Clee sah mit einem „Wie meinen?“ – Blick zurück.
Als sie später das Schiff erreichten, sahen sie, dass sie sich getäuscht hatten. In beider Köpfe war die Equiley ein verrotteter Kahn, nicht mehr ganz sicher und morsch. Doch im Gegenteil. Vor ihnen lag ein gewaltiger Drei-Master, auf dem sich weniges tummelte.
‚Dämonen... Katzenmenschen...’ Miluiel hatte die Auren der Anwesenden sofort dekodiert. Sie schlug ihre Kapuze nach hinten und legte den Umhang ab. Etwas zögernd tat es Clee ihr nach.
„Kaptain Racorn?“
Sie betrat die schmale Planke, die den Steg mit dem Schiff verband. Elegant und ohne Schwierigkeiten schritt sie hoch.
Auf ihren Ruf hin wurde nicht nur der Kaptain aufmerksam. Nun stand sie auf dem Schiff und zog alle Aufmerksamkeit auf sich.
Den ersten, den sie bemerkte, war ein Dämon mit längerem, schwarzen Haar, der lässig an der Rehling lehnte. Sie teilten einen langen, intensiven Blick.
Des weiteren befanden sich ein Halbdämon, eine Miluiel bekanntere Aura und ein Zwerg an Bord. Einige Katzenmenschen dienten hier als Matrosen. Ihr erschienen es wenige, doch war sie erst einmal froh, unter anderen magischen Wesen zu sein und nicht, wie zuvor unter Menschen.
Endlich erschien Racorn und stapfte auf sie zu. Er war ein Katzenmensch und wirkte alt und erfahren.
„My Lady wollt Ihr auch mit uns reisen?“
„Ja. Es wäre freundlich von Euch, uns ebenfalls auf Euer Schiff zu lassen. Wir haben auch Geld, um die Fahrt zu bezahlen...“
„So lasst Euer Geld. Auf hoher See könnt ihr keine Haie mit Gold bezahlen, damit sie Euer Leben verschonen.“ Er grinste.
Auch Miluiel grinste Ansatzweise und dachte: ‚Vermutlich würden sie mir für ihr Leben alles Gold vom Meeresgrund herauftauchen.’
Laut sagte sie:
„Nun gut. Mag es zu anderen Zwecken dienen.
Das hier...“, sie zog Clee ins Bild, „ist Miaya Fiori Clee. Meine Schülerin.“
Trotzig blickte Clee die anderen an.
„Mein Name ist Miluiel. Averii-s yer Kisorai.“
Der Dämon hob eine Augenbraue, ohne sein Grinsen verschwinden zu lassen. Er schien zu wissen, was das war.
„Aaja? Ok. Ihr seid die Letzten, die mit uns kommen werden. Wir warten schon seit Tagen und wollen nun endlich in See stechen. Doch da Ihr Euch freundlicherweise vorgestellt habt, werde ich das auch tun.
Hier,“, er deutete auf den Dämonen, „haben wir Kagan. Er kann sehr unterhaltsam sein. Dort drüben steht Chrys Richo. Ein etwas verschwiegener Bursche...
Der Erste, der kam, war ein seltsamer Typ. Er sagte mir nur, wie er heißt... wartet... es war etwas mit K... kein sehr langer Name... Ach, Ihr könnt ihn später selbst fragen.
MANNSCHAFT ANTRETEN!“
Die Matrosen kamen angelaufen und stellten sich in einer Reihe auf. Sie hatten nicht wirklich eine Uniform, waren aber alle einheitlich in modischen Shorts gekleidet. Bis auf zwei waren alle ohne Probleme zu unterscheiden. Sie unterschieden sich in Größe, Haarlänge, Muskulatur... Nun stellte der Kaptain sie vor.
„Kair und Nair – unser Zwillingspaar. Dann. Jage, Girn, Mes, Ocaro, Benk, Seaw – er wird es Euch auf ewig übel nehmen, wenn Ihr seinen Namen falsch aussprecht – Zun, Akal, Wez und ... WO ZUM TEUFEL STECKT PAAN?“ Paan, der seinen Namen wohl gehört hatte, stand ehe man es sich versah, ebenfalls in der Reihe. Er war kein Katzenwesen, sondern...
„Ein Elb.“, stellte Miluiel verwundert fest. Fast schon zufrieden bemerkte sie, dass Clee ebenso verdutzt war wie sie. Einen so UNtypischen Elben hatten sie beide noch nie gesehen. Schmatzend aß er einen Apfel. Auch er trug die ‚Uniform’ der Matrosen. Er war etwa ein Meter achzig groß und hatte sein helles, von der Sonne ausgebleichtes Haar im Nacken zusammen gebunden.
Jetzt erst bemerkte er die Neuankömmlinge. Er verbeugte sich.
„Oh... Seid gegrüßt, edle Damen, möget Ihr mir verzeihen, dass ich so nackt vor euch treten muss, doch Ihr müsst wissen, der Kaptain...“
„P-A-A-N!“
Er verstummte.
„HAKI RANG O!“ brüllte Racorn nun und alle zwölfe machten das Schiff ablege bereit. Er verschwand nun mit den beiden ‚Ladies’, um ihnen ihre Kajüten zu zeigen. Kagan grinste ihnen vorfreudig hinterher und wurde kurz darauf „aus Versehen“ beinahe vom herabfallenden Segel erschlagen. Paan funkelte ihn an.
Der Kaptain hatte ihnen zwei schöne Einzelzimmer am Heck des Schiffes überlassen. Nun waren beide allein. Derweil rang Miluiel mit sich selbst. Sollte sie weiter nach ihm suchen? Verdammt! Erst diese bekannte Aura und dann die Aussage des Kaptains „mit K... ein kurzer Name...“ War ER es? Oder sollte sie ihn abschreiben, oberflächlich, und sich an den Gedanken gewöhnen, ihn nie wieder zu sehen? Zu allererst räumte sie ihr Zimmer ein und legte einen weiteren Umhang ab. Es war nun nicht mehr so warm. Um auf andere Gedanken zu kommen, begann sie zu singen...
[So. Alle nicht genannten kommen auf der ersten Insel, beschreibt ruhig schon mal eure Situation!]