Zitat von
Der Golem
In den USA sind Generationen seid der Jahrhundertwende mit Comic Strips aufgewachsen. Gelesen wurden sie von Groß und Klein. Das erste Comicheft war 1934 Famous Funnies, ein Reprint von beliebten Zeitungsstrips. Der Erfolg war enorm, bald reichte das Material nicht mehr aus. Die Verleger begannen eigene Geschichten zu produzieren, meist von zweitklassigen Künstlern und sogar Teenagern. Von Anfang an gab es da eine Kluft zwischen den Zeichnern von Zeitungsstrips (eine hochbezahlte Elite) und denen der Comic Books (schlechtbezahlte Underdogs).
Der Anfangs infantile Inhalt der Comic Books wurde von den Älteren gering geschätzt bzw. ignoriert. Gross war dann die Empörung als man irgendwann festellen musste, was die Kids so kosumierten: Der Pädagoge Wertham setzte die Öffentlichkeit 1954 über die Inhalte mit seinem Buch "Verführung der Unschuldigen" in Kenntnis. Gewalt, Verbrechen und Horror der Comic Books setzte er in direkte Verbindung mit der Jugendkriminalität der Nachkriegsjahre.
Der US-Senat bildete Komitees die schnell eine (Selbst-)Zensur für Comics, den "Comic Code", einführten. Der behielt sich vor, jedes Heft vor der Publikation zu überprüfen und gegebenenfalls bei Nichtachtung der Richtlinien das "Seal of approval" zu verweigern. Ohne das Siegel des "Codes" wurde kein Heft von den Vertrieben angenommen.
Die Deutschen waren vor dem Krieg wenig mit Comics in Berührung gekommen, im Dritten Reich fast gar nicht, deshalb wurde dem "amerikanischen" Medium nach dem Krieg eher Misstrauen entgegengebracht.
Die Hexenjagd auf die Comic Books blieb in Deutschland nicht unbemerkt, es war sogar Wasser auf den Mühlen der Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften, der Kirchen, Schulen und z. B. den "Buchklub der Jugend". In Östereich wurden sogar eine Million Unterschriften gegen "Schmutz und Schund" gesammelt, die sogar eine Gesetzesvorlage zur Folge hatten, das Comics nur von Buchhändlern an Kunden über 16 Jahre verkauft werden durften. Ein vorzeitiger Regierungswechsel 1959 konnte das allerdings abwenden. Es wurden Sammelaktionen gestartet wo man Comics gegen "gute" Bücher eingetauschen konnte. Die so gesammelten Hefte wurden dann schon mal öffentlich verbrannt. Kommt einem bekannt vor....
Comics und Groschenromanen konnten seitdem das Stigma von "Schmutz und Schund", "Unterwertiger Lektüre" in der "öffentlichen Meinung" nie so ganz ablegen. Noch bis in die 80er hatten Comics an den Schulen einen schlechten Stand.
Meine Mutter nannte meine Comics (besonders die Marvel Superhelden) immer abfällig "Schundliteratur", bevor sie diese dem Mülleimer überantwortete.
Rainer E.