Interessante Frage. Man könnte auch „mein Lieblings-Comicheft“ einsetzen.
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Darüber ist schon im Carlsen-Forum diskutiert worden.
Ich denke ganz allgemein, dass man bei einem Gagcomic schon aktuelle Bezüge braucht. Was nützt ein Gag, den nur Ü40- oder Ü50-Leser(innen) kapieren? Ein Gag muss ja ganz unmittelbar zünden, nicht erst auf dem Umweg über eine Fußnote.
Wenn aber aktuelle Bezüge eingefügt werden, wo es im Original gar keine Entsprechung gibt, das wär blöd.
Ich glaube, egal wie man es bei Kai Falke am Ende gelöst hätte, es hätte IMMER die Frage aufgeworfen, ob das eine übersetzerische Freiheit ist oder eine wörtliche Übersetzung. Der ganze Satz ist nämlich nun mal eine die 4. Wand durchbrechende Eigenwerbung gewesen, die heutzutage IMMER ein Stolperstein sein wird. Und deswegen wäre hier auch stets die hier schon oft erwähnte Kommentierung nötig. Ich halte die Fußnote oder die Anmerkung im Anschluss an den Comic für eine legitime Lösung. Und in diesem Fall durchaus auch bei jeder Lösung für notwendig. Wenn also, wie übrigens auch bei der Berti Vogts-Frage, eine Anmerkung eh unerlässlich ist, dann kann man bei der Übersetzung auch immer dem Original treu bleiben. Ist doch völlig okay, wenn da ein Lars Snackes erwähnt wird und unterm Bild steht irgendwo "Niederländischer Fußballspieler von 1968 bis 1975").
Anm.: Ich habe keine Ahnung von Fussball und daher den Namen Lars Snackes frei erfunden. (So geht das!) :D
Bei einem Gagcomic braucht man keine aktuellen Bezüge. Man braucht Gags. Ich jedenfalls lache nicht über Helene Fischer-Anspielungen, sehr wahrscheinlich auch nicht über Wutbürger und ganz sicher gar nicht über "Stehtie nichie mehri auffi". Wenn man keine Gags hat, dann hat man es auch nicht drauf einen Gagcomic zu übersetzen. Wobei ich auch finde: wer halt Karnevalshumor toll findet, der findet sicher auch Karnevalshumorcomics toll. Und da ist dann halt die Frage: war Pittje Pit immer schon ein doofer Karnevalshumorcomic und ich hab's nur seinerzeit nicht gerafft? Bei Clever und Smart weiß ich: DAS wurde nie erfunden um MICH glücklich zu machen und deshalb dürfen gerne ganz viele Menschen damit glücklich werden, aber ich spar mir das Geld. Die Frage ist halt wirklich: wurde Pittje Pit comicgetreu übersetzt oder nicht? Und wenn ja, dann hätte ich das besser vorher gewusst und mir das Geld gespart. So wie ich mir das Geld für Clever & Smart, Werner und anderes auch gespart habe.
Ah, ich verstehe. Das riecht wieder nach Einzelfallentscheidungen. Bei Clever & Smart hat man das Problem, dass wir Deutschen uns in spanischer Popkultur wahrlich nicht auskennen. Hingegen kann man eine französische Anspielung in einem 70er Film auf Louis de Fuines oder Belmondo durchaus genau so übernehmen. Aber dann wieder: zum Beispiel Anspielungen auf Matadore in einem Almodovar-Film werden doch auch nicht in Anspielungen an deutsche Fussballspieler umgesetzt. Oder wieder Almodovar: eine Anspielung auf Pina Bausch bleibt eine Anspielung auf Pina Bausch und wird nicht plötzlich jemand anderem zugeordnet, weil irgendwer denkt, dass deutsche Almodovar-Publikum... das sind nur Travestiefans. :D. Es hat ja doch immer auch was mit Kunst zu tun, mit Respekt vor der künstlerischen Kreativität und mit der Übertragung des werkeigenen Stils, der Klasse, der Natur des Werkes. Es ist doch kein Zufall, dass solche Entgleisungen Leuten wie MOF passieren. Das hat schon was mit dem Anspruch des Bearbeiters an sich selbst zu tun und der muss sich gefallen lassen, dass man ihn so rezensiert. So wie ich auch finde, dass es sehr viel über den Riedl-Verlag aussagt, dass sie eine 20 Jahre alte Übersetzung eines gescheiterten Verlagsleiters eins zu eins in ihre Neuausgabe übernehmen. (Und es trotzdem nicht hinkriegen, die Bücher regelmäßig erscheinen zu lassen.)
Da will ich dann auch noch ein paar Worte zur aktuellen Diskussion hier einwerfen. Wobei ich mich allerdings gleich als bekennender Donaldist mit "Parteibuch" und auch als überzeugter Anhänger des Barksismus-Fuchsismus outen möchte. Ich stehe also "Eindeutschungen" von Lizenz-Comics – sprachlich wie inhaltlich – durchaus sehr offen gegenüber. Das muss halt nur wirklich gut gemacht werden!
Ich möchte an dieser Stelle aber ganz konkret wieder ein Beispiel aus dem Programm des SR Verlags einwerfen. Denn vor einigen Tagen ist die zweite Gesamtausgabe der Minimenschen in die Druckerei gegangen. Wir haben also kürzlich die Bearbeitung des Bandes abgeschlossen, bei der mir natürlich das eine oder andere bei der Übersetzung aufgefallen ist.
Da wäre etwa die Namengebung der beiden wichtigen Nebenfiguren Lapoutre und Lapaille, die bei Feest/ECC ihren Originalnamen behalten haben. (Übrigens auch bei uns jetzt – nicht das einige hier gleich wieder Schnappatmung bekommen ;) ) Leider geht dadurch für die deutschen Leser der ganze im Französischen enthaltene Gag verloren.
Die beiden Namen spielen nämlich auf ein bekanntes Jesuswort an: "Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: 'Bruder, lass mich den Splitter (franz. 'la paille' - dort als 'Strohhalm' benannt) aus deinem Auge herausziehen!', während du selbst den Balken (franz. 'la poutre') in deinem Auge nicht siehst?"
Natürlich hätte man das beim ersten Auftauchen im Comic erläutern können (in der Gesamtausgabe erfolgt das jetzt in der Einführung), aber nach wenigen Seiten oder spätestens im nächsten Band ist das für die deutschen Leser wieder vergessen.
Ich hätte es da viel eleganter gefunden, seinerseit bei Feest eine lustige deutsche Entsprechung zu finden. In den 1990ern wäre es vielleicht ganz nett gewesen, die beiden etwa "Holze" und "Stäblein" zu nennen – in Anspielung an eine damals auch aus dem "Wort zum Sonntag" sehr bekannte Pastorin. Das hätte einen gewissen Bezug zur wörtlichen Übersetzung gehabt und zudem eine theologische Konnotation. Und die beiden Namen wären auch noch für die (heutigen) Leser brauchbar, die all diese Anspielungen nicht verstünden.
Noch ein zweites Beispiel aus der zweiten Minimenschen-Gesamtausgabe: In der Geschichte "Die Glocke von Rochafleur" gibt es auf der zweiten Seite eine Stelle, wo ein Schüler von einem Kinofilm erzählt, den er kürzlich gesehen hat, ohne den Titel richtig verstanden zu haben. In der alten Gesamtausgabe hieß der Gag mit dem Filmnamen in allzu wörtlicher Übersetzung "Die bitteren Wasser von Arabien". Wir haben das jetzt in "Lorenz von Arabien" geändert, womit den meisten deutschen Lesern gleich klar sein dürfte, welchen Film der Pennäler gesehen hat. Da man das so sogar erfolgreich Googeln kann, habe ich mir auch verkniffen, noch eine Anmerkung zu machen.
Nu ja, Ehapa hat den Splitterbalken in einem Vorwort erklärt und selbst mir ist es gelungen, das in Erinnerung zu behalten.
Also sooooo vergesslich ist "der Leser" dann wohl doch nicht.
Ich bezog mich oben allerdings auf die seinerzeitige Erstveröffentlichung der Einzelalben von Feest gut ein Jahrzehnt zuvor. Kann mich wirklich nicht erinnern, dass es da irgendeinen Hinweis gab. Und klar – ein ganzer Absatz in einem Vorwort einer Gesamtausgabe ist natürlich deutlich was anderes, als eine kleine Anmerkung unter einem Panel, die oft sogar überlesen wird.
Schön zu lesen, dass es da weitergeht.
In der zweiten Geschichte mit den grünen Monstern reden diese in ZACK ähnlich wie die Schlümpfe, nur dass sie humpfen und mumpfen statt zu schlumpfen.
In der dritten Geschichte sagen die Indios in ZACK so Sachen wie „Dickischiffi flammiflammi“ oder „Hulligulli vollipulli rockirolli“. Pittje als Indiohäuptling (oder -gottheit) heißt „Honkitonki Kakerlaki“.
@Martin Jurgeit: Das finde ich gut, dass man da unterschiedlicher Meinung sein kann, aber deine Beispiele zeigen doch auch sehr überzeugend auf, dass du sehr verantwortlich an die Übersetzungsaufgabe herangehst. Und mehr will ich auch gar nicht. Dass Minimenschen 2 endlich in der Druckerei ist, ist ein weiterer positiver Beitrag. Vielen Dank.
@Horatio: Das klingt ehrlich gesagt nicht viel besser als die MOF-Variante. Sieht ganz so aus, als wenn Pittje einfach nicht in mein Regal gehört. Vielen Dank fürs Raussuchen.
Und doch nochmal zum Übertragen oder nicht der Namen: ich finde die Ur-Konnotation von Lapoutre und Lapaille richtig gut. Und gerade wo es ein Running Gag ist, der also immer wieder passende Situationen einflechten wird, wäre eine Übertragung ins Deutsche wirklich schade gewesen, zumal ich sehr deutlich darauf bestehen muss, dass man eine biblische Konnotation und eine kirchliche Konnotation bitte auf gar keinen Fall in den einen Topf der religiösen Konnotation schmeißen sollte. :D Die Originalnamen haben einen gewissen intellektuellen Charme und wie gesagt, als Running Gag wird dieser Charme wahrscheinlich sogar sehr intelligent auf die Spitze getrieben. Da ist es mir doch lieber, dass viele es nicht mitbekommen, als dass man es mit einer Übertragung in deutsche Assoziationsbilder verwässert.
Und auch wenn es sich arrogant anhören könnte: wenn nunmal ein Comic für eine intellektuelle Leserschaft gemacht wurde, deren deutsche Vertreter eben doch die Namensgebung nach Hinweis im Kopf behalten, dann sollte man es so belassen. Wenn hingegen der Pittje Pit tatsächlich auch im Original auf intellektuelles Niveau pfeift, dann nehme ich alles zurück, was ich hier gegen MOFs Übersetzung gesagt habe und des Verlages Ignoranz bei der erneuten Übernahme eben dieser Übersetzung und stelle stattdessen fest: egal, wie ich mir im Laufe der letzten 50 Jahre Pittje Pit schöngeredet habe, so habe ich mich eben getäuscht und lasse es einfach dabei bewenden. Freue mich dann noch mehr auf Valhardi, Minimenschen, -mädchen und Olivier und Columbine.
Also zumindest für die zweite Pittje-Pit-Geschichte mit den grünen Monstern kann ich sagen, dass die ZACK-Version textlich überhaupt nicht originalgetreu ist. Da stehen in den Sprechblasen ganz andere Sachen als im Original. Und die grünen Monster humpfen und mumpfen im Original auch nicht, sondern da ist immer wieder ein -gw- oder -g- den Worten vorangestellt oder eingefügt, also etwa „gwangreifen“ statt „angreifen“.
Ob Pittje Pit allerdings überhaupt ein „intellektuelles Niveau“ hat, das möchte ich nicht bewerten.
...wobei der niederländische Spieler möglicherweise auch 'nur' eine 'redaktionelle' Umsetzung (der niederländischen Redaktion) war: Die Geschichte spielt in Hamburg und es geht um eine deutsche TV-Sportsendung, so dass ein deutscher Spieler durchaus stimmiger wäre. Und zur Entstehungszeit des Comics, lief die Serie ja auch als Koralle-Eigengewächs. Zudem war das Original autorenseits franco-belgisch (auf frz. mWn aber nie erschienen), so das ungewiss ist, welcher Spieler(name) tatsächlich 'original' gewesen ist.
@Horatio: Vielen Dank für den Hinweis. Heißt das etwa, dass Riedl die Chance verpasst hast die erste adäquate Pittje-Fassung nach D zu bringen? Zum intellektuellen Niveau kann ich nur sagen, dass das Potential allemal da ist. Junge fällt unter die Piraten, da ist doch einiges an Situationskomik drin und die Stimmung zu Beginn von Band 1, als die Angst unter die Kneipenkunden kriecht als klar ist, wer zu Besuch kommt... und dann kommt der kleine Pit und mischt die furchteinflößende Bande auf mit seinem Kater und weil er beim Transport der Prinzessin einfach der charmantere Typ ist. Da sehe ich aber deutlich Asterix-sches Potential. Und eigentlich habe ich es so in Erinnerung.
Tja, das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nicht, wie „adäquat“ die Epsilon- und Riedl-Fassungen sind, die kenne ich nämlich nicht.
Was aber ein SEHR starkes Argument dagegen wäre, einfach Berti Vogts da einzusetzen. Es wäre ein Disrespekt gegenüber dem Autor von Kai Falke. Finde ich.
Dass auf "Holze" und "Stäblein" verzichtet wurde, begrüße ich außerordentlich. Wie auch generell das "Die-Kurve-Kriegen" bei der Übersetzung der Minimenschen.
Zumal die beiden auch nichts anderes sind als Renauds Sidekicks. Die könnten auch Peter und Paul heißen, nichts was sie sind oder tun hat mit dem ollen Bibelspruch zu tun. Außer dass sie so klein sind wie die genannten Gegenstände. Seron fand das lustig, also hat er sie so genannt, aber das nie weiter ausgebaut.
So gesehen ging sogar die Bastei-Benamsung in Ordnung. Teddy hat nie getrickst und Rocky wurde nie beim Rasen erwischt. Man sah ihn höchstens mal auf selbigem sitzen.
Nur zur Klarstellung: Ich mache lediglich die redaktionelle Bearbeitung. Die Übersetzungen übernehmen wir von Feest/Egmont/Salleck.
Man sollte aber schon sehen, dass die Minimenschen (damals) für eine extrem katholische Leserschaft gestaltet wurden. Das kann man nicht einfach so abtun. In Wallonien dürfte praktisch jedes Kind mit diesen Namen sofort den Bibelspruch verbunden haben. Zur ganzen Wahrheit gehörte aber auch, dass schon die laizistischen Mitleser in Frankreich nur noch im Ausnahmefall diese "intellektuelle" Fallhöhe mitbrachten (das betraf aber auch manch andere speziell wallonische Anspielung in "Spirou" – angefangen mit dem Namen des Magazins selbst).
Peter und Paul ist ein katholischer Feiertag. Daher die Idee mit den beiden Namen.