“Ach, es kommen täglich diese Genies in meine Praxis, die sich ungeniert bekennen zum
“Asperger” oder sonstigem Autismus.”, klagte der Irrenarzt.
“Och, Herr Doktor, ich bin ja in Schreibforen unterwegs. Dort tauchen auch immer mal diese Prolle auf. Meiner Ansicht nach sind das alles Simulanten. Die haben gehört, dass es unter den Autisten welche mit außergewöhnlichen Fähigkeiten gibt. Und weil sie nun Gedichte schreiben, die keiner versteht und mag bzw. trotzdem gut ankommen, halten sie sich gerne für Autisten, Asperger oder zählen sich ganz einfach zu den Inselbegabten.

“Ja, keiner will heutzutage mehr ein langweiliger Normalo sein.”
“Stimmt, Herr Doktor. Ich kann ein Lied davon singen, seitdem ich in einer Paaragentur bin. Alle Frauen, die sich meldeten, behaupteten von sich, flippig oder zumindestens ein bisserl abgefahren zu sein.”

“Heute erwarte ich zwei Teenager. Beide sollen Autisten sein.”

Beim Verlassen der Praxis – ich war übrigens wegen aggressiven Verhaltens in Behandlung – knöpfte ich mir die angeblichen Autisten vor. Es saßen ja nur noch zwei junge Leute im Warteraum. Und ich hatte meine eigenen Methoden. Dort hing ein Weihnachtsmann-Kostüm mit einer Rute. Die schnappte ich mir und versohlte die Autisten damit. Der erste schrie sofort los. Zu dem anderen brauchte es längere Zeit, um zu ihm durchzudringen und er sich meldete. Logischerweise war dies der wirkliche Autist. Den anderen jagte ich zum Teufel, oder vielleicht zurück in sein Schreibforum.

Bei meinem nächsten Arzttermin sprach der Doktor mich scharf an:
“Was haben Sie getan!? Einen meiner Patienten davongejagt, den anderen zu mir ins Arztzimmer geschickt. Ich werde ihre Medikamentendosis erhöhen müssen.”

Als ich zurück ins Wartezimmer ging, saßen da wieder die Zwei. Und erst jetzt erkannte ich, bei dem einen handelte es sich um einen Verrückten in einem Indianeroutfit. Und Indianer kennen ja bekanntlich keinen Schmerz.
Der andere war also der Autist. Oder?