User Tag List

Seite 4 von 4 ErsteErste 1234
Ergebnis 76 bis 80 von 80
  1. #76
    Click to add title Avatar von Eraclea
    Registriert seit
    12.2006
    Ort
    Jena
    Beiträge
    9.433
    Mentioned
    51 Post(s)
    Tagged
    0 Thread(s)
    @Ayumi-sama:
    Ich kenne natürlich keine Interna, vermute aber tatsächlich, dass "Ameiro Paradox" kein Verkaufsschlager ist. Über die möglichen Gründe lässt sich nur spekulieren. Schleppender Rhythmus und zu lange Veröffentlichungspausen zwischen den Bänden? Zu wenig beworben? Misslungene Covergestaltung? Ganz ehrlich: Wenn ich den Inhalt nicht kennen würde, wäre das letztgenannte wahrscheinlich mein Grund, den Manga zu verschmähen. Ich finde das deutsche Logo absolut scheußlich und billig, es sieht aus wie von einem Grundschüler mit Paint erstellt. Das allgemein quietschbunte Design vermittelt auch nicht unbedingt den Eindruck einer Reihe, die zwar spaßig ist, die man aber durchaus ernstnehmen kann.

    Dein Vorschlag, sich keine zweite Reihe ans Bein zu binden, solange die erste noch läuft, liegt ebenfalls im Bereich des Möglichen. Die Gedankengänge von Egmont sind halt manchmal tief und unergründlich. Ich warte jetzt z.B. schon unverhältnismäßig lange auf "Love Nest 2nd", die Fortsetzung einer von mir heißgeliebten Reihe, bei der ich den Anschein hatte, dass der Vorgänger recht ordentlich verkauft wurde, weil Egmont zeitnah weitere Lizenzen von Yuu Minaduki ankündigte. Mittlerweile ist es recht still geworden und so langsam beschleicht mich ein wenig der Verdacht, dass der Verlag auch diese Autorin fallenlassen möchte.

    Aber zurück zu Natsume Isaku, die niemandem was getan hat und völlig zu Unrecht ignoriert wird: Glücklicherweise gibt es heutzutage nicht mehr das ungeschriebene Verlagsgesetz, dass man einander keine Autoren wegschnappen darf. Vielleicht erbarmt sich also irgendwann ein alternatives Verlagshaus und schenkt ihr ein neues Zuhause. Wenn das passiert, dann bitte auch gleich andere Karteileichen wie beispielsweise Kotetsuko Yamamoto übernehmen, danke.


    Manga-Wünsche:
    Daraku Kazokuron, Uchuu Kyoudai, Chihayafuru, 3-gatsu no Lion,
    Ashita wa Docchi da, Kei x Yaku: Abunai Aibou,
    Rainbow, Kingdom, Seirei no Moribito (LN), Rumspringa no Joukei, Shinai Naru Gene e, Machida-kun no Sekai, Oni to Tengoku,
    Semantic Error, Historie, Warui Koto Shitai Series, 7 Seeds, Udon no Kuni no Kiniro Kemari, Stay Gold, Kachou Fuugetsu

    Neuauflagen: Eden, Naru Taru, Peace Maker Kurogane,
    Kino no Tabi (LN)

  2. #77
    Mitglied Avatar von Ayumi-sama
    Registriert seit
    03.2007
    Ort
    NRW
    Beiträge
    15.236
    Mentioned
    49 Post(s)
    Tagged
    0 Thread(s)
    @Eraclea
    Ja die Cover sind nicht grad die ansprechensten, aber manche können darüber hinwegsehen (mich eingeschlossen), andere womöglich nicht.

    Und eigentlich ne eigene Diskussion wert, aber da es Isaku eben auch betrifft:
    Es gibt ja zum einen extreme Autorenpflege und dann solche Fälle wie Isaku oder auch von dir genannt Yamamoto mit einem Titel und dann wars das schon wieder.
    Aber auch bei ersterem können die von heute auf morgen abgesägt werden (bei Saki Aikawa z.B.scheint das zuzutreffen), aber bei letzteren eben am ärgerlichsten. Vorallem bei Yamamoto hat man sich vermutlich den ungünstigsten Titel ausgesucht statt einen gefragteren und dann "ja läuft nicht, dann vergesst die/den Mangaka"

    Bedauerlicherweise hat sich ja bis dato aber auch niemand anderes manche fallen gelassene Mangaka angenommen. Macht manche Veröffentlichungen nur unwahrscheinlicher.

  3. #78
    Click to add title Avatar von Eraclea
    Registriert seit
    12.2006
    Ort
    Jena
    Beiträge
    9.433
    Mentioned
    51 Post(s)
    Tagged
    0 Thread(s)
    Daraku Kazoku-ron

    Heute habe ich wieder eine brandheiße, d.h. in dem Fall nicht einmal einen vollständigen Sammelband vorzuweisende Neuerscheinung aus dem Land der aufgehenden Sonne im Gepäck. Und eins kann ich gleich vorwegsagen: Wahrscheinlich gibt es aktuell kaum eine BL-Serie in Japan, von der ich sehnsüchtiger neue Kapitel erwarte. Ganz egal, wie lang die Reihe in Zukunft läuft oder wohin die Reise noch gehen wird, für mich ist sie jetzt schon eines dieser seltenen Manga-Erlebnisse, das bei mir ausschließlich die richtigen Knöpfe drückt und auf unerklärliche Weise irgendwas im Inneren in Wallung versetzt.

    Nach gerade einmal sechs veröffentlichten Kapiteln mag das viel zu bedeutungsschwer klingen, um nicht zu sagen einem vorschnellen Urteil gleichkommen. Aber wisst ihr: Wenn es passt, dann passt es manchmal einfach. Und wenn ein Nerv bei mir getroffen wird, dann nervt das höchstens die Leute in meinem Umfeld, die sich mein unerträgliches Geschwärme anhören müssen, ist für mich selbst aber vorwiegend Grund zur Freude. Wäre „Daraku Kazoku-ron“ ein menschliches Wesen, dann wäre es die Art, mit der ich nach einer Woche zusammenziehen würde – eine Liebe ohne Zweifel und ein potentieller Favorit „in the making“.

    Aber genug der Vorschusslorbeeren, wie konnte mich „Daraku Kazoku-ron“ so schnell so hart erwischen? Die Antwort ist wie immer im Falle von spontaner Schockverliebtheit gar nicht einfach zu benennen, aber ich gebe mein Bestes, meine Gefühle haarklein auseinanderzunehmen.



    Direkt auf den ersten Seiten des Manga erliegt die freigeistige und stets in den Tag hineinlebende Ririko ihrer schweren Krankheit und hinterlässt der Nachwelt eine siebenjährige Tochter namens Meguru sowie zahlreiche Ex-Liebschaften. Zwei ihrer verflossenen Partner kommen dem Zeitpunkt der Empfängnis nach als Vater der Kleinen infrage – dessen ist sich auch Megurus Großmutter gewiss, die prompt ein postfunerales Treffen anberaumt und die beiden ahnungslosen Vaterschaftskandidaten mit Ririkos egoistischem letzten Willen konfrontiert, um die Männer Jahre später zur Verantwortung zu ziehen. DNA-Test? Lachhaft, Ririkos Nachruf lehnt derlei Unsinnigkeiten rigoros ab. Nur aufgrund übereinstimmender Erbfaktoren entstehen schließlich noch lange keine Bande zwischen zwei Menschen. Stattdessen soll Meguru mit Papa 1 (Touma) und Papa 2 (Sentarou) auf absehbare Zeit gemeinsam unter einem Dach leben und sich nach Ablauf der Frist für denjenigen entscheiden, der ihr als Vater besser in den Kram passt.

    So absurd die Prämisse klingen mag, so genial ist leider die Umsetzung dieser unfreiwilligen Familienzusammenführung. Ja, erwischt: Sich nahezu fremde Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in einen Topf zu werfen und einmal kräftig umzurühren, bis die einzelnen Zutaten so fest zusammenhaften, dass der Begriff „Familie“ längst nicht mehr ausreicht, um die entstandene Bindung zu erklären, ist halt eins meiner Lieblingsthemen. Das gebe ich ganz unumwunden zu. Aber wie oben schon angedeutet, bekam ich das Handlungskonstrukt von Familie wider Willen selten in derart brillanter Form serviert.

    Einer der Clous an der Geschichte – bei Weitem nicht der einzige allerdings – ist der Umstand, dass die männlichen Protagonisten einander bereits aus vergangenen Tagen kennen. Sentarous letzte Erinnerung an Touma ist nämlich die eines jungen Mannes, der spärlich bekleidet und offensichtlich in flagranti erwischt die Tür zu Ririkos Wohnung aufstößt, mit der Sentarou zu diesem Zeitpunkt eine ganz frische, einwöchige Beziehung pflegte. Doch Wut und Frustration sind längst nicht die einzigen Emotionen, die Sentarou mit dem ehemaligen Seitensprung seiner Ex-Freundin in Verbindung bringt. Tatsächlich kocht bei ihrer Wiederbegegnung ein Cocktail aus sehr widersprüchlichen Gedankenfetzen und Gefühlen in ihm hoch.

    In „Daraku Kazoku-ron“ besitzt jeder Charakter seinen individuellen Background, der äußerst clever in die Hauptstory eingewoben wird. Sentarou ist der gescheiterte Bandmusiker, der sich mittlerweile semi-erfolgreich als Songwriter und Composer durchschlägt und immer wieder an seiner Existenzgrundlage zweifelt. Touma macht auf den ersten Blick den Anschein eines absoluten Taugenichts und besitzt neben Lässigkeit und vordergründiger Gleichgültigkeit eine wahrhaft mysteriöse Natur mit unklarem beruflichem Werdegang und undurchschaubaren Absichten. Auch wenn er wenig Begeisterung für seine derzeitige Lage aufzubringen vermag und Menschen mit seinen unkonventionellen Gedankengängen und seiner unverblümten Schnauze regelmäßig überrollt, drückt er sich genau wie Sentarou nicht vor der Verantwortung einer möglichen Vaterschaft.

    Noch beeindruckender als die Darstellung der beiden Männer finde ich jedoch, wie Autorin Mayo Tsurukame es bewerkstelligt, dass die siebenjährige Meguru nicht nur schmückendes Beiwerk für die Handlung ist und – wie in den meisten BL-Werken mit ähnlichem Grundthema – als bloße Ausrede fungiert, um zwei junge, attraktive Typen auf engsten Raum zu zwingen. Stattdessen ist die Kleine ein komplett eigenständiger, voll ausgearbeiteter Charakter mit ebenso traurigen wie witzigen Macken und als essentielles Rädchen im Getriebe immer für eine Überraschung gut. Ihre Motivation, an dem Theaterstück teilzunehmen: Im Grunde handelt Meguru nur aus der keineswegs der Mentalität einer üblichen Grundschülerin entsprechenden, unbestechlichen Logik heraus, dass ihre Großmutter auch nicht ewig hier sein wird und sie ihr restliches Leben nicht alleine und in Ungewissheit verbringen will.



    Vielleicht wird nach meinen bisherigen Ausführungen zu Story und Charakteren schon ein bisschen deutlich, dass der offizielle englische Titel von „Daraku Kazoku-ron“ („Dysfunctional Family Therapy“) in weiten Teilen der Geschichte Programm ist. Der Manga vereint eine ganze Reihe schwerer Themen in sich (verstorbene Eltern und Trauerbewältigung, vernachlässigte Kinder mit emotionaler Störung, gescheiterte Träume, Personen, die sich selbst geringschätzen und ausnutzen lassen) und bringt mich damit ungelogen immer wieder an den Rand der Tränen. Trotzdem schafft er es gleichzeitig, einen erstaunlich lockeren Lese-Vibe zu haben und bei aller Ernsthaftigkeit total leichtherzig zu sein. Ich frage mich wirklich, wie diese Mischung überhaupt möglich ist?

    Ich glaube, das Ganze geht nur auf, weil hier bei der Ausarbeitung der Figuren eine Liebe zum Detail angewandt wird, wie ich sie in BL-Manga selten sehe. Mindestens genauso selten habe ich mich irgendwelchen Charakteren in einem fiktiven Werk derart nah gefühlt. Selbst die verstorbene Ririko erhält im Laufe der Erzählung durch Sprünge in die Vergangenheit ein immer stärkeres Profil. Die Autorin konzentriert sich also keineswegs nur darauf, die Beziehung zwischen Sentarou und Touma voranzutreiben, sondern lässt bei den Begegnungen jedes Charakters mit einem jeweils anderen eine ganz eigene Dynamik entstehen, die sich im Zusammenspiel zu einem richtig starken und berührenden Beziehungsgeflecht verbindet.

    Mayo Tsurukame dürfte einigen deutschen Lesern bereits durch ihren Einzelband „Ein perfekter Antrag“ (erschienen bei Egmont) bekannt sein, den ich persönlich nur gekauft und noch nicht gelesen habe, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Generell weist die Autorin in ihrer Werkhistorie bisher keine Titel vor, die über zwei Bände hinausgehen. „Daraku Kazoku-ron“ schreit jedoch aus jeder Pore, dass hier ein größeres Projekt in Angriff genommen wird, vielleicht das bisher umfassendste in Tsurukames Mangaka-Leben, in das offensichtlich auch eine längere Planung floss. Nach den bisherigen sechs Kapiteln ist zwar schon eine alte Erinnerung an längst vergessene Gefühle erwacht, jedoch hat sich noch keinerlei romantische Beziehung entwickelt. Trotzdem finde ich die handelnden Figuren und die Interaktionen zwischen ihnen so echt und spannend, dass es mich jedes Mal sofort wieder mitreißt.

    „Daraku Kazoku-ron“ macht in meinen Augen unfassbar vieles richtig: Angefangen beim frechen Character Design, das sich klar von Tsurukames bisherigen Werken abhebt, bis hin zur zunächst vielleicht hanebüchen anmutenden Story, welche stetig „bits & pieces“ aus Vergangenheit und Gegenwart auftischt und damit zugleich ein ausgezeichnetes Build-Up der Protagonisten betreibt, die sich alle abseits der üblichen Schwarz-Weiß-Formel bewegen. Ich würde mir sehr wünschen, dass Leserinnen und Leser hierzulande in den Genuss dieser tollen Reihe kommen und dabei womöglich eine ähnliche Gefühlsreise durchleben können wie ich.

    Im Ursprungsland scheint der Manga bislang sehr positiv rezipiert zu werden, zuletzt zierte er das Cover der November-Ausgabe der Cheri + (Shinshokan), wo die Serie seit 2022 läuft.
    Geändert von Eraclea (25.10.2023 um 15:54 Uhr)


    Manga-Wünsche:
    Daraku Kazokuron, Uchuu Kyoudai, Chihayafuru, 3-gatsu no Lion,
    Ashita wa Docchi da, Kei x Yaku: Abunai Aibou,
    Rainbow, Kingdom, Seirei no Moribito (LN), Rumspringa no Joukei, Shinai Naru Gene e, Machida-kun no Sekai, Oni to Tengoku,
    Semantic Error, Historie, Warui Koto Shitai Series, 7 Seeds, Udon no Kuni no Kiniro Kemari, Stay Gold, Kachou Fuugetsu

    Neuauflagen: Eden, Naru Taru, Peace Maker Kurogane,
    Kino no Tabi (LN)

  4. #79
    Click to add title Avatar von Eraclea
    Registriert seit
    12.2006
    Ort
    Jena
    Beiträge
    9.433
    Mentioned
    51 Post(s)
    Tagged
    0 Thread(s)
    Da darf ich den Thread nach dem Post heute Vormittag gleich noch ein zweites Mal beehren: Hayabusa hat Susu Katous Fantasy-BL "Ikenie Monzenbarai" lizenziert, der hierzulande unter dem deutschen Titel "Das Opfer des Schlangengotts" erscheinen wird (Quelle).

    Über die Ankündigung freue ich mich, in meinen Augen ein ziemlich unterhaltsames Spaßpaket.


    Manga-Wünsche:
    Daraku Kazokuron, Uchuu Kyoudai, Chihayafuru, 3-gatsu no Lion,
    Ashita wa Docchi da, Kei x Yaku: Abunai Aibou,
    Rainbow, Kingdom, Seirei no Moribito (LN), Rumspringa no Joukei, Shinai Naru Gene e, Machida-kun no Sekai, Oni to Tengoku,
    Semantic Error, Historie, Warui Koto Shitai Series, 7 Seeds, Udon no Kuni no Kiniro Kemari, Stay Gold, Kachou Fuugetsu

    Neuauflagen: Eden, Naru Taru, Peace Maker Kurogane,
    Kino no Tabi (LN)

  5. #80
    Click to add title Avatar von Eraclea
    Registriert seit
    12.2006
    Ort
    Jena
    Beiträge
    9.433
    Mentioned
    51 Post(s)
    Tagged
    0 Thread(s)
    Contradict

    Sind es die glühende Hitze und der Schweiß auf der Stirn oder etwa die Anmutung von drohender Gefahr und glorreichem Heroismus, vereint in einer Person? Weshalb Feuerwehrmänner für viele Menschen ein Objekt der Begierde darstellen, habe ich ehrlich gesagt nie so richtig verstanden. Auf mich üben sie keine sonderliche Anziehungskraft aus. Dachte ich jedenfalls bisher – und plötzlich kommt Kamome Ohshima mit ihrem BL-Manga „Contradict“ um die Ecke und setzt mir die wahrscheinlich attraktivsten, zweidimensionalen Katzen-von-Bäumen-Retter vor die Nase, die ich je gesehen habe. Wirklich unfair, dieser hinterrückse Angriff auf mein Vorlieben-Zentrum!



    Ganz richtig gelesen, in „Contradict“ spielt das Thema Feuerwehr eine Rolle – und zwar nicht nur eine untergeordnete, sondern sogar eine ziemlich zentrale. Die Protagonisten Yoichi Torikai und Eigo Yajima sind leidenschaftliche und erfahrene Feuerwehrmänner in den Mittzwanzigern, die sich gerade einem gnadenlosen Testverfahren unterziehen, um der angesehenen Spezialeinheit unter ihrem gemeinsamen großen Vorbild, dem legendären Feuerwehr-Helden und Lebensretter Satake, beitreten zu dürfen. Dabei könnte jeder von ihnen mit Leichtigkeit der Trainingsbeste sein, wäre da nicht der jeweils andere, der diese Position in schöner Regelmäßigkeit streitig macht.

    In der ursprünglich als Einzelband konzipierten, aber inzwischen fortgeführten und Award-nominierten Manga-Reihe aus dem japanischen BL-Magazin „Daria“ (Frontier Works, seit 2022) prallen zwei Ausbünde an Ehrgeiz und Willenskraft aufeinander, die unterschiedlicher und zugleich ähnlicher kaum sein könnten. Yajima – strotzend vor Selbstbewusstsein und prallvoll mit Ambitionen – ist der klassische Hitzkopf, der sich leicht an seiner Ehre packen und provozieren lässt. Reizgrund Nr. 1: Sein bereits zu Ausbildungszeiten gefressener Rivale Torikai, der Yajimas Geduldsspanne durch seine bloße Existenz aufs Äußerste strapaziert und gar nicht viel tun muss außer atmen, um sie dem Zerreißen nahe zu bringen. Torikai hingegen – von Natur aus kühl und bescheiden, aber überaus talentiert und froh über den heißblütigen Ansporn – trägt immer ein undefinierbares Pokerface zur Schau und lässt sich höchst selten in die Karten blicken. So hängt er auch seine Homosexualität nicht an die große Glocke und hält Details zu seinem Privatleben vor Teamkollegen geheim, bis ihm in Yajimas Gegenwart ein fataler Versprecher unterläuft.

    Selten traf der Ausdruck „wie Feuer und Wasser“ den Nagel dermaßen auf den Kopf wie im Falle der Handlungsträger dieser Geschichte. Yajima und Torikai wirken geradezu wie fleischgewordene Abbilder der sich gegenseitig bedingenden Naturelemente. Und was soll ich sagen? Wo Feuer und Wasser einander begegnen, entsteht bekanntermaßen eine Menge Dampf, der abgelassen werden möchte. Das Internet klassifiziert den Manga sogar als Smut, was ich nicht zur Gänze unterschreiben würde. Zwar geht es nach einigen Startschwierigkeiten verdammt heiß her zwischen den beiden rivalisierenden Kraftpaketen, die weder aufgepumpte Steroidschleudern noch außergewöhnliche Schönlinge sind, aber auf eine sehr angenehme Weise athletisch gebaut und maskulin. Der eigentliche Fokus liegt jedoch aus meiner Sicht immer noch auf dem romantischen Aspekt der Story und ihrem unterhaltsamen persönlichen Hickhack im Trainingscamp.



    Wer mich ein bisschen kennt, weiß wahrscheinlich, dass ich erotische Begegnungen in meinen BL-Manga nicht zwingend brauche, aber durchaus gutheiße, wenn sie zum jeweiligen Paar und zum Handlungsverlauf passen. Hier passen sie wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Ich erachte jede einzelne Bettszene sogar als absolut essentiell, denn mit jeder weiteren körperlichen Annäherung wird überdeutlich, wie sich die Beziehung zwischen Yajima und Torikai weiterentwickelt und die Gefühle der beiden füreinander kontinuierlich wachsen. Wirkt der Sex anfangs noch wie stumpfes Kopulieren zweier Herausforderer, die sich aus einer alkoholgeschwängerten Laune heraus etwas beweisen wollen, empfindet man beim späteren Akt schon fast Schuldbewusstsein, weil man wie ein perverser Spanner einen geradezu verbotenen Blick auf viel zu liebevolle und intime Paarmomente erhascht, die eigentlich kein Mensch zu Gesicht bekommen sollte.

    Na ja, ehrlicherweise verfliegt die Schuld genauso schnell wieder wie sie kam, denn Yajima und Torikai sind sowohl in ihrem beruflichen Alltagsumgang als auch im gemeinsamen Liebesspiel das reinste Fest für die Augen und bescheren dem geneigten Leser selige Glücksgefühle. Ob man nun Feuerwehrmänner mag oder nicht: Grundsätzlich sagt bestimmt niemand, der freiwillig Beiträge in diesem Thread liest, bei zwei heißen Typen Nein, denen die Virilität aus jeder Pore springt. Yajimas feuriger Blick weckt selbst in mir die niederen Instinkte und Torikai ist in seiner gespielten Gleichgültigkeit aka Verliebtheit ein Bilderbuch-Uke zum Dahinschmelzen.



    Mein anhaltendes Zeitproblem lässt mich leider sehr wenig neue empfehlenswerte Titel entdecken, aber „Contradict“ hat im wahrsten Sinne des Wortes mein Feuer entfacht. Der Manga konnte mich dermaßen fesseln, dass ich ihm sogar die uralte Trope des Zufällig-Nebeneinander-Wohnens verzeihe. Denn im Gegensatz zu anderen BL-Serien, die davon Gebrauch machen, wirkt der beabsichtigte Zufall in „Contradict“ nicht völlig aus der Luft gegriffen, sondern unterstreicht nur, wie ähnlich die Protagonisten in Wahrheit ticken (beide wohnen eigentlich woanders und suchen sich für die Zeit des Trainingslagers eine günstige Absteige in der Nähe).

    Mentale Kompatibilität allein scheint jedoch nicht auszureichen, wenn der Mund die Gedanken in entscheidenden Momenten nicht in die richtigen Worte zu kleiden vermag. Obwohl ihre Körper keine eindeutigere Sprache sprechen könnten und auch auf Arbeit stets Klartext geredet wird, gestaltet sich die private Kommunikation zwischen den Rivalen, später Liebhabern, manchmal etwas unbeholfen und vor allem für Labert-bevor-er-denkt-Yajima wie der reinste Fettnäpfchen-Parcours, was zu einigen lustigen Situationen, aber glücklicherweise nie zu sinnlosen Missverständnissen führt. Wer ehrliches und erwachsenes Beisammensein zweier wohlgereifter und voll im Leben stehender Mannsbilder sehen möchte, das sich vielleicht gerade wegen kleinerer Neckereien und Charakterschwächen vollkommen natürlich anfühlt, ist bei diesem Machwerk definitiv an der besten Adresse der Szene. In meinen Augen ein absolutes Ausnahmewerk und aktuell noch ein wahrer Geheimtipp, der hoffentlich irgendwann unzensiert in Deutschland erscheint, denn Lichtschwerter wären an dieser Stelle ein unverzeihliches Verbrechen.

    Übrigens: Kamome Ohshima ist generell eine nahezu unbeachtete und meines Erachtens total unterschätzte Mangaka, die selbst in Japan noch keinen allzu hohen Stellenwert genießt, obwohl sie seit vielen Jahren für verschiedenste Magazine zeichnet. Neben „Contradict“ hat sie unter anderem einige historisch angehauchte BL-Einzelbände wie „Kotaete My Drifter“ (2021) oder „Aien Catharsis“ (2020) in petto, die zweifellos einen genaueren Blick wert sind. Zuletzt brachte sie in „Off-Stage Love Side“ (2023) die Geschichte eines männlichen Idols und seines Bodyguards zu Papier – ein witziges und fluffiges Werk mit Sequel-Garantie, das gerade für die kommenden Chil-Chil-BL-Awards nominiert wurde. In den Bänden ab 2020 hat Ohshima auch zeichnerisch einen sichtbaren Qualitätssprung gemacht. Also hopp-hopp, worauf warten? Die Frau hat definitiv mehr Liebe verdient und sollte auch jenseits der großen Teiche größere Bekanntheit erlangen.


    ~~~

    Ein kleines Lizenz-Update wollen wir auch nicht unterschlagen:
    "Tashiro-kun Kimi tte Yatsu wa." erscheint demnächst bei Egmont Manga unter dem deutschen Titel "Tashiro, warum bist du so?"
    . Für mich persönlich die beste Nachricht der letzten Tage, ich liebe diese Serie.
    Geändert von Eraclea (22.04.2024 um 18:33 Uhr)


    Manga-Wünsche:
    Daraku Kazokuron, Uchuu Kyoudai, Chihayafuru, 3-gatsu no Lion,
    Ashita wa Docchi da, Kei x Yaku: Abunai Aibou,
    Rainbow, Kingdom, Seirei no Moribito (LN), Rumspringa no Joukei, Shinai Naru Gene e, Machida-kun no Sekai, Oni to Tengoku,
    Semantic Error, Historie, Warui Koto Shitai Series, 7 Seeds, Udon no Kuni no Kiniro Kemari, Stay Gold, Kachou Fuugetsu

    Neuauflagen: Eden, Naru Taru, Peace Maker Kurogane,
    Kino no Tabi (LN)

Seite 4 von 4 ErsteErste 1234

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •