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  1. #1
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    BdM 12/04 Weihnachten für Kummersdorf

    Barks des Monats 12/04
    A Christmas for Shacktown (Weihnachten für Kummersdorf)
    aus: Four Color-Comics 367
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    Alle Jahre wieder...
    Während sich in den Straßen Entenhausens der hecktischste Weihnachtstrubel abspielt, hat ein älterer Großunternehmer in einem seiner gigantischen Geldschuppen anderlei Sorgen: "Jedes Jahr der gleiche Ärger! Mit Eintritt der feuchten Witterung quellen die Geldscheine auf, so daß der Geldspeicher überläuft."
    Manch einer wäre sicher froh, wenn er solche Sorgen hätte. Was soll man den Kindern auch schönes schenken, wenn man nur 5 Taler sein eigen nennt. Manch einem anderen würde es aber auch schon reichen, ein Dach über dem Kopf und vier warme Wände zu jeder Seite zu haben.
    Gut, in den rustikalen Holzhütten von Kummersdorf ist man vielleicht nicht unbedingt als obdachlos zu nennen, aber bei der Kälte des Winters und der trostlosen Umgebung will dann doch keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen.

    Wir sehen auf der Seite eins von "Weihnachten für Kummersdorf" jedenfalls kein einziges strahlendes Gesicht, sondern Kinder, die arbeiten, im Müll wühlen, oder trostlos mit dem wenigen spielen, dass sie haben: Ein paar Blechdosen und etwas schmutziger Schnee, um Schneemänner zu bauen.
    Ziemlich ungewöhnlich für eine Weihnachtsgeschichte in einem Disneycomic, die doch meistens mit der Vorfreude auf das Fest einsteigen.
    Aber WfK ist auch keine gewöhnliche Weihnachtsgeschichte. Sie thematisiert vielmehr einige ernste Fragen: Darf man feste Feste feiern, wohl wissend, dass es anderen dreckig geht? Und wie fühlen sich jene, denen es derart mies geht, weil sie die einsam oder verarmt sind, wenn sie von weitem miterleben, wie andere ihre eh schon überschwengliche Lebensart mit Konsum und (aufgesetzter) Fröhlichkeit weiter ausreizen? Und wie soll man sich auf Weihnachten freuen, wenn es so viel Elend auf der Welt gibt? Diese und ähnliche Gedanken haben Tick, Trick und Track im Kopf, als es sie zufällig in der Vorweihnachtszeit nach Kummersdorf verschlägt, dem Entenhausener Elendsviertel.

    "Was, Entenhausen hat ein Elendsviertel? In der Disney-Welt, in der alles Zuckerguß und Marzipan ist?" werden jetzt einige Unwissende fragen. Kein Wunder, denn leider scheint aus der Disneyschmiede, gerade aus der Trickabteilung, viel zu häufig das Klischee Bestätigung zu finden, Disneyana würde uns nur eine heile Welt vorspielen. Zum Glück ist dies aber nicht immer der Fall, und gerade bei Barks gibt es sehr häufig eine realistische Widergabe von Problematiken unseres Alltags.

    Nein, Barks will niemanden das Feiern verbieten - aber er spricht geschickt eine dazugehörige Problematik an: Wir vergessen viel zu oft, dass es auch Menschen gibt, denen es zu Weihnachten schlecht geht.
    "Man ist oft so gedankenlos", sagt Daisy. Stimmt, da hat sie recht. Dem muss Abhilfe geschaffen werden, "ein Fall für meinen Klub".
    Ich will nun gar nicht auf den eigentlichen Inhalt der Geschichte eingehen, sondern gleich auf das Ende zu sprechen kommen: Der geizige Widersacher in dieser Geschichte darf 272 Jahre 11 Monate 3 Wochen und 4 Tage auf sein Barvermögen warten[1], Daisys Klub hingegen darf sich über 100 x 1000 Taler (100.000 Taler) freuen, mit denen man den Kummersdorfer Kindern ein freudiges Fest bereiten will. Mit glitzernden Christbäumen, köstlichen Weihnachtsbäumen, Gänsebraten und Eisenbahnen.

    Aber hier stutzt der Leser: sind nicht im Hintergrund die selben alten Holzbarraken zu sehen wie vorher? Und bei Braten und Schnupp und Spielzeug kommen sicher Festtagsgefühle auf, aber wie lange haben diese Bestand? Nächstes Jahr kommt es vielleicht wieder zu einem solchen Trauerfest, und so lange müssen die Kinder mit ihren Eltern auch weiter unter dem Existenzminimum leben. War das Geld wirklich gut angelegt? Wären die Kinder mit nur einer Eisenbahn und einem etwas weniger protzigen Fest nicht genauso glücklich? Und hätte man das übrige Geld nicht in etwas dauerhaftes und beständiges anlegen sollen?
    Der Leser kratzt sich am Kopf.
    Ist es nicht so, dass wir den Kindern von Kummersdorf den süßen Geschmack des Konsums nur haben kosten lassen, um unser schäbiges Gewissen zu reinigen? Und dass wir nicht wirklich an ihre Zukunft denken? Auf der letzten Seite von WfK lachen die Kinder Kummerdorfs noch, aber wie sieht die Sache eine Woche später aus?

    Frage: Wenn ihr Vorsitzente in Daisys Klub wärt, wie hättet ihr die 100.000 Taler für Kummersdorf angelegt?


    Noch eine Anmerkung: Dem Kenner vieler frühitalienischer Comics wird es nicht weiter auffallen, aber Dagobert gibt sich hier ungewohnt unbarmherzig. Der Dagobert, den wir sonst von Barks kennen, ist zwar oft ähnlich hart, aber hinter seiner harten Schale wird oft ein weicher Kern ausfindig gemacht. In dieser frühen Charakterisierung, noch bevor Barks ihn in "Only a poor old Man" fest definierte, spielte er noch viel öfter die Rolle des gnadelosen Antagonisten. Demnächst werden wir in "Zuviele Weihnachtsmänner" einen ähnlichen frühen Dagobert erleben. Aber gerade zu Weihnachten, seinem "Geburtstag", ist er auch in späteren Geschichten oft der unbarmherzige Knauserer, der es nicht so recht lieben lernen will, dieses Fest von Konsum, Kitsch und ausgelassener Fröhlichkeit. [2]

    Und noch eine andere Anmerkung: Wo wir doch um dieses politisch ach so unkorrekte BdM gestritten haben - das eigentliche Kummersdorf bei Luckenwalde wurde bekannt, weil dort das Heereswaffenamt der Wehrmacht stand. Dort wurden Waffen entwickelt und getestet. So.

    Und letztendlich noch eine allgemeine Frage: Diese Geschichte erschien in Deutschland in der "Ich, Donald Duck"-Reihe auch unter dem banalen Titel "Donald Duck und der Unglücksgroschen". Wie lautet hier der deutsche Name von Shacktown?

    [1] Rosa will uns natürlich anderes lehren. Tja, wieder mal hat Rosa eine seiner umstrittenen Fortsetzungen zu Papier gebracht.

    [2] Disney bringt gerade einen 3D-Trickfilm heraus, in dem ein verweichlichter Dagobert eine ganz andere Vorstellung von Weihnachten an den Tag legt. Soviel zum dritten Absatz.

  2. #2
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    Auffallend ist noch, dass es in der geschichte kaum hintergrundgags zu finden sind, liegt sicher an der Problematik.

    Kleine ausnahme:Mann, der von der Frau an der leine geführt wird und die Geschenke trägt )

    Ihr ehrenwerter SenatorSchwafelquast

  3. #3
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    Hintergrundgags?
    Sag jetzt nicht, dir seien die Plakate "100 gebrauchte Ölquellen billig abzugeben! Näheres im Duckschen Bankhaus" und "Günstige Gelegenheit! 100 Gebrauchte Goldbergwerke zu verkaufen! (Als Eisenbahntunnels verwendbar!) Näheres beim Duckschen Bankhaus" nicht aufgefallen. Und auch sonst zeigt sich die übliche Schilderwirtschaft. Besonders schön finde ich aber, dass Barks, wie bei vielen seiner weihnachtsgeschichten, seine Panels mit allerlei Weihnachtsdeko ausgestattet hat: Kerzen, Tannenbäume, Weihnachtssterne, Glocken, etc...

  4. #4
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    Natürlich ist mir das aufgefallen, aber mal ehrlich, es gibt nicht so viel Hintergrundgags wie sonst!



    Ihr ehrenwerter SenatorSchwafelquast

  5. #5
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    "Ich brauche 50 Taler! In Worten:
    F-ü-n-f-z-i-g!"

    Auf jeden Fall eine der schönsten (zeichnerisch und texterisch) Geschichten von Carlk Barks und außerdem eine der ersten, die ich je von ihm gelesen hab.
    Seit dem lese ich sie jedes Jahr um die Weihnachtszeit wieder, da sie nie an Würze verliert.

  6. #6
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    Zitat Zitat von Flintheart Glomgold
    Ist es nicht so, dass wir den Kindern von Kummersdorf den süßen Geschmack des Konsums nur haben kosten lassen, um unser schäbiges Gewissen zu reinigen? Und dass wir nicht wirklich an ihre Zukunft denken? Auf der letzten Seite von WfK lachen die Kinder Kummerdorfs noch, aber wie sieht die Sache eine Woche später aus?
    Sehr schön geschrieben. Und genau das ist IMO auch heute noch ein Problem. Regelmäßig zur Weihnachtszeit tauchen Spendengalas oder -marathons wie aus dem Nichts zu Hunderten auf und fast ganz Deutschland spendet bereitwillig den ein oder anderen Euro. Den Rest vom Jahr über aber interessieren uns die "Kinder in Not" und alle anderen nicht wirklich.

    WfK ist also in der Hinsicht noch immer aktuell. Wir spenden zur Weihnachtszeit, aber den hilfsbedürftigen Menschen geht es auch im Januar noch schlecht. Aber davor verschließen sich unsere Augen, genau wie WfK rechtzeitig vorher endet.

    Dennoch stimme ich meinem Vorredner zu. Eine wirklich schöne Geschichte, die man immer wieder gerne hervorholt, weil sie nie an Reiz verliert.

  7. #7
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    Sicherlich hätte man von den 100.000 erstmal etwas für eine bessere Nahrungsmittelversorgung zurücklegen sollen und nicht alles an einem Abend verjubeln (obwohl ich mir das sehr schwer vorstellen kann).

    Dann sollte man das Umfeld ein wenig verbessern (obwohl das ja eher Aufgabe der Politik ist und man das wohl auch nicht einfach so darf ).

    Oder die Wohnungen besser ausstatten (...da könnte aber vielleicht Streit geben). Und von dem Rest müsste man auch noch ein gant nettes Weihnachtsfest veranstalten können.

    Aber ich denke mal, dass man das Ende wohl ganz naiv betrachten muss/soll ("Ja, jetzt geht`s denen auch gut"). Denn wenn dieses anders gestaltet wäre, würde die Geschichte wohl auch nicht zum Schluß so einen honigsüßen Gesamteindruck hinterlassen.
    Nein, Barks will niemanden das Feiern verbieten - aber er spricht geschickt eine dazugehörige Problematik an: Wir vergessen viel zu oft, dass es auch Menschen gibt, denen es zu Weihnachten schlecht geht.
    MMn wollte Barks mit dem Schluß sagen: Keine Grund für schlechte Laune, jetzt geth's denen ja auch gut.


    PS:
    Stand am Ende nicht auch noch irgendetwas von wegen "das schönste Weihnachtsfest für Kummersdorf"?
    Davon könnte man ableiten, dass die folgenden Weihnachtsfeste wieder ein Trauerspiel waren.
    Ist Kummersdorf bei Barks eigentlich mal wieder aufgetreten? So weit ich weiß, nicht. In Entenhausen läuft schließlich die Zeit anders: Vielleicht hat dieser Moment für Sie ewig angehalten.

    ______________________________

  8. #8
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    Zitat Zitat von Flintheart Glomgold
    [1] Rosa will uns natürlich anderes lehren. Tja, wieder mal hat Rosa eine seiner umstrittenen Fortsetzungen zu Papier gebracht.
    Irgendwie musst du immer auf dem armem Don rumreiten, was?

    Aber zum Thema: Von Barks war ja bekannt, dass er nicht gerade ein Freund von Weihnachten und dieser "Auf Knopfdruck sind wir alle fröhlich"-Thematik war, was ich selbst auch nicht so toll finde.

    Nur weil jetzt überall Unsummen für kitschige Weihnachtsdeko ausgegeben werden (die hierzulande mittlerweile zum Teil auch schon US-Dimensionen annimmt), sind nicht plötzlich alle Menschen zufrieden, gibt es 4,5 Millionen Arbeitslose weniger und haben alle Menschen genug zu essen oder ein Dach über dem Kopf.

    Und andererseits finde ich es genau so blöde, dass mit einem zweiten Druck aufs Knöpfchen diese ganze erzwungene Festlichkeit plötzlich wieder abgelegt und der Weihnachtsbaum entsorgt wird und man wieder zum Alltag zurückkehrt (mit einem Druck geknufft, verpufft und ohne Luft und äh... Kruft), als ob nichts gewesen wäre. Scheinbar brauchen die Menschen für Festlichkeit einen Kalender, der ihnen sagt, wann es weihnachttlich zugeht (also so ab Mitte September) und wann das wieder aufhört (so ab 27. Dezember).

    Und genau diese Friede-Freude-Eierkucherei versucht Barks mit seinen Weihnachtsgeschichten oft zu kritisieren, wobei ich ehrlich sagen muss, dass mir dieses Happy End bei der Kummersdorf-Geschichte doch ein wenig zu zuckersüß und kitschig vorkommt.

    Aber wenn Dagobert das Geld am Ende nicht rausgerückt hätte und es für Kummersdorf kein richtiges Weihnachtsfest gegeben hätte, würde es die Story heute sicherlich nicht gegeben, weil man so was in eienm Disneycomic nicht abgedruckt hätte.

  9. #9
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    dass man mit einer geschichte auch ein wenig hoffnung verbreiten will, scheint mir allerdings nachvollziehbar. ich mag keine unreflektierte zwangs-weihnachtsfreude, wie sie ja überall wahrnehmbar ist... aber barks hat in meinen augen diese problematik sehr schön gelöst, indem er die alltäglichen schattenseiten mit einer portion optimismus verbunden hat.

  10. #10
    Mitglied Avatar von Southbridge
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    Zitat Zitat von Flintheart Glomgold
    Aber hier stutzt der Leser: sind nicht im Hintergrund die selben alten Holzbarraken zu sehen wie vorher?
    Natürlich stimmt das alles was du sagst, aber: Wie sähe es denn aus, wenn Daisy eine Kanalisation und neue Häuser hätte bauen lassen.
    Das wäre nicht mehr im Sinn einer Weihnachtsgeschichte gewesen, bei der am Ende alles fröhlich unterm Tannenbaum sitzt.

    Das ist für mich die ziehmlich gleiche Problematik wie bei vielen anderen Comics z.B. den "Zorni und Donni vertragen sich" -Stories.

    Ein gutes Beispiel für diese Problematik ist die LTB xy -Geschichte mit diesen gute-Laune-machenden Pofision-Zellen: Am Ende zerstört Dagobert die Zellen, obwohl er daran Geld verdient hat, unter dem Vorwand:
    Wir müssen selbst lernen miteinander umzugehen
    Und das bloß, um die Disney-Welt nicht zu verändern. Wenn die Comics dann so enden, brauch man diese unlogischen Stories gar nicht erst schreiben.

  11. #11
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    Zitat Zitat von Maxileen
    Irgendwie musst du immer auf dem armem Don rumreiten, was?

    Aber zum Thema: Von Barks war ja bekannt, dass er nicht gerade ein Freund von Weihnachten und dieser "Auf Knopfdruck sind wir alle fröhlich"-Thematik war, was ich selbst auch nicht so toll finde.
    Ich wage mal zu behaupten, dass das Barks Einstellung nicht ganz trifft. Menschen brauchen für Festlichkeit in der Tat einen Kalender (das ist eine der zentralen Funktionen von Kalendern): In allen Kulturen gibt es regelmäßig wiederkehrende Feste und Rituale, die essentiell für das gesellschaftliche Zusammenleben sind. Bei uns sind das eben Weihnachten, Ostern oder eine Fußballweltmeisterschaft alle vier Jahre. Barks hat ja auch sehr viele Geschichten über Weihnachten, Thanksgiving, Deich- und Frühlingsfeste geschrieben. Und ich glaube, die Feste an sich und die Fröhlichkeit, die mit ihnen verbunden ist, sind das letzte, was er kritisieren wollte. Da geht es ihm doch eher um die Verflachung der Feste, die aus dem Eigensinn und der Hochmütigkeit der Menschen oder - besonders im Fall von Weihnachten - aus der zunehmenden Kommerzialisierung herrührt.

    [QUOTE]
    Nur weil jetzt überall Unsummen für kitschige Weihnachtsdeko ausgegeben werden (die hierzulande mittlerweile zum Teil auch schon US-Dimensionen annimmt), sind nicht plötzlich alle Menschen zufrieden, gibt es 4,5 Millionen Arbeitslose weniger und haben alle Menschen genug zu essen oder ein Dach über dem Kopf.
    {/QUOTE]

    Andererseits, wenn es die Weihnachtsdeko und den ganzen kommerziellen Rummel nicht gäbe, dann hätten wir auch noch ein paar Arbeitslose mehr, weil das Weihnachtsgeschäft nun mal einen großen Teil des Jahresumsatzes im Einzelhandel ausmacht. Ich kriege ja auch immer Bauchweh, wenn ich vor Weihnachten in die Stadt gehe (und nicht vom Glühwein), aber so funktioniert die Gesellschaft derzeit eben (oder sie glaubt, dass sie so funktioniert).

    Und genau diese Friede-Freude-Eierkucherei versucht Barks mit seinen Weihnachtsgeschichten oft zu kritisieren, wobei ich ehrlich sagen muss, dass mir dieses Happy End bei der Kummersdorf-Geschichte doch ein wenig zu zuckersüß und kitschig vorkommt.
    Das ist allerdings auch mein Eindruck. Und die armen Kummersdorfer Kinder sind irgendwie einfach zu arm, so als seien sie aus einem Dickens-Roman entsprungen... (nichts gegen Dickens).

    Zeichnerisch ist Weihnachten für Kummersdorf aber ganz vorn. Ganz großartig bei dieser Geschichte finde ich zum Beispiel die Darstellung der Personen, die in einem Panel gerade nicht sprechen und nicht im Mittelpunkt stehen. Ich weiß gar nicht, wie ich das genauer erklären kann, ich hoffe, der ein oder andere weiß, was ich meine...

  12. #12
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    Vielleicht liegt das Geheimnis der Geschichte gerade darin, dass wir erkennen, dass nichts auf der Welt sich wirklich ändert. Zumindest hat das ja offensichtlich jeder meiner Vorredner kapiert. Der "Friede, Freude, Weihnachtskuchen"-Schluß ist einfach notwendig für die Kinder ("Zielgruppe"), die Kummersdorf ganz anders lesen als wir älteren. So sehe ich die "Dickens-Kinder" in diesem Zusammenhang als das i-Tüpfelchen an. Genial, Onkel Carl!

  13. #13
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    Zitat Zitat von Flintheart Glomgold
    Aber hier stutzt der Leser: sind nicht im Hintergrund die selben alten Holzbarraken zu sehen wie vorher?
    Vor allem stellt sich die Frage: Wo ist in diesem Kontext eigentlich Donald Duck anzusiedeln? Selber kaum jemals einen Kreuzer zuviel in der Brieftasche, eine viel länger als eine Woche andauernde Berufstätigkeit ist glaub ich nirgends dokumentiert, auf regelmäßige Schecks vom Erbonkel braucht er nicht zu hoffen, zu allem Überfluß sind drei unmündige Kinder zu ernähren. Eigentlich ein typischer Kummersdorf-Kandidat, sollte man meinen.

    Statt dessen: Ein schlichtes, aber gepflegtes Einfamilienhaus mit Garten, stets einwandfrei (wenn auch einfallslos) gekleidet, und auch den Neffen geht es offenbar gut genug, daß ihnen beim Schlendern durch die Slums das schlechte Gewissen aufgeht.

    Kommt nur mir das wie typisch amerikanischer Kalvinismus vor? Wer das Herz auf dem rechten Fleck hat, schlägt sich so oder so durch - und wer nur noch lethargisch auf die monatliche Überweisung vom Sozialamt wartet, ist sowieso selber schuld. Aber dieses Denkschema ist heutzutage so rein amerikanisch ja nicht mehr.

    Man beachte in diesem Zusammenhang auch, daß in der Geschichte nie die Existenz Kummersdorfs an sich hinterfragt wird. Es dreht sich ausschließlich um die Kummersdorfer Kinder, die ja "nichts dafür können, daß ihre Eltern arm sind". So gesehen erübrigt sich auch die Frage, warum die 100.000 Taler nicht in "sinnvollere" Dinge investiert werden.

  14. #14
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    Zitat Zitat von Kasimir Kapuste
    Vor allem stellt sich die Frage: Wo ist in diesem Kontext eigentlich Donald Duck anzusiedeln? Selber kaum jemals einen Kreuzer zuviel in der Brieftasche, eine viel länger als eine Woche andauernde Berufstätigkeit ist glaub ich nirgends dokumentiert,
    allerdings hat er immer etwas zu tun. und bei einigen seiner jobs dürfte er so schlecht nicht verdient haben, als meister seines fachs. kurz- bis mittelfristige rücklagen sind also annehmbar.i

  15. #15
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    Man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass Donald immerhin Erbneffe der reichsten Ente der Welt ist. Dies dürfte sich ja (wie auch an der Vielzahl seiner Rechnungen zu erkennen ist) nicht eben negativ auf seine Kreditwürdigkeit auswirken.
    Donald kann sein Normalo-Leben also quasi "auf Pump" irgendwie finanzieren, die Kummersdorf-Bewohner haben die reichen Verwandten nicht.

    Christian

  16. #16
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    Ich denke, Kasimir koennte durchaus recht haben mit seinem Stichwort vom amerikanischen Kalvinismus (man kann es auch einfach Arbeitsmoral - "work ethic" - nennen). Faulheit ist ja eigentlich gar kein hervorstechendes Merkmal des Barksschen Donald. Donald bemueht sich immer wieder - das macht ihn ja auch so sympathisch -, was bei den Eltern von Kummersdorf moeglicherweise nicht der Fall ist. Tauchen da ueberhaupt welche von den Eltern auf in der Geschichte? Werde sie mir heute abend mal wieder zu Gemuete fuehren.

  17. #17
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    Nein, nur die Kinder. Höchstens in Nicht-Barks-Geschichten, in denen Kummersdorf auftaucht.

  18. #18
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    Zitat Zitat von Kasimir Kapuste
    Eigentlich ein typischer Kummersdorf-Kandidat, sollte man meinen.

    Statt dessen: Ein schlichtes, aber gepflegtes Einfamilienhaus mit Garten, stets einwandfrei (wenn auch einfallslos) gekleidet, und auch den Neffen geht es offenbar gut genug, daß ihnen beim Schlendern durch die Slums das schlechte Gewissen aufgeht.
    In Entenhausen muß man nicht notwendigerweise einer geregelten Arbeit nachgehen, um zu Geld zu kommen. Ich verweise dazu auf einen alten Artikel von mir: "Geld fällt vom Himmel" [DD 59 (1987), S.38ff]. Hier habe ich gezeigt, daß Donalds Chancen, zu Geld zu kommen, überwiegend von glücklichen Zufällen abhängen: Finderlöhne, Schmerzensgelder, Belohnungen für eingefangene Gauner, Lotteriegewinne, Gewinne aus Preisausschreiben, Filmgagen, Schatzfunde, Erbschaften oder geschickte Vermarktung guter Ideen.

    Besonders die Polizei zeigt sich in Entenhausen ja immer sehr großzügig, wenn es um "Kopfgelder" für die Ergreifung von Kriminellen geht. Da gibt es neben der eigentlichen Belohnung manchmal sogar Sonderzulagen: als Donald etwa den "Schlauen Willi" dingfest gemacht hat, erhält er die doppelte Belohnung [10.000 Taler], da der Gangster verkleidet war, was polizeirechtlich mit einer "Schwierigkeitszulage" abgegolten wird (MV 7/80, S.26).

    Und erst in einem der neuesten Hefte wurden wir Zeugen für die Verschwend... äh ... Gebefreudigkeit der Entenhausener Administration: für die Verhaftung der Panzerknacker heimst Donald eine so hohe Belohnung ein, daß er sich einen Straßenkreuzer mit Chauffeur leisten und obendrein noch ganz Entenhausen mit "Helifonen" ausrüsten kann (MM 47/04, S.25).

  19. #19
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    Zitat Zitat von L.N. Muhr
    bei einigen seiner jobs dürfte er so schlecht nicht verdient haben, als meister seines fachs.
    Na ja. Meister seines Fachs war er mMn erst wesentlich später. Noch 1947 in "Eine Schreckensnacht" jammert er: "Ich muß endlich was verdienen. Die Miete ist fällig, und die Kinder brauchen neue Zahnbürsten."

    In "Weihnachten für Kummersdorf" macht er jedenfalls keinen sonderlich flüssigen Eindruck. Kann natürlich sein, daß er die Wikingerkarte aus der "Nordpolfahrt" in langfristigen Sparverträgen (und Hypothekenabzahlungen?) angelegt hat.

    Zitat Zitat von Dr. Dulle
    Faulheit ist ja eigentlich gar kein hervorstechendes Merkmal des Barksschen Donald.
    "Harte Arbeit liegt mir nicht." (Zitat ebenfalls aus "Eine Schreckensnacht".)

    Überhaupt ist die "Schreckensnacht" eine Schlüsselgeschichte, was das Verhältnis des kleinen Herrn Duck zur Arbeit betrifft. Am Ende meint einer der Neffen die Erklärung geben zu können: "Er gehört nun mal zu denen, denen's der Herr im Schlaf gibt." (Anekdote am Rande: Als ich diese Geschichte zum erstenmal las, habe ich lange rumgerätselt, was denn ein "Herr im Schlaf" sei. Fuchstext war nie "zielgruppengerecht". Und das ist auch gut so.)

    Donald Duck ist mit Sicherheit nicht der sprichwörtliche Malocher. Damit er sich in eine Arbeit reinkniet, muß sie ihn schon interessieren. Dann kann er allerdings zu großer Form auflaufen. Eigentlich hat er das Prinzip des "lebenslangen Lernens" schon lange verinnerlicht gehabt, bevor irgendwelche Arbeitswissenschaftler darauf gekommen sind. Die "Meister-seines-Fachs"-Geschichten treiben dieses Motiv gleichsam auf die Spitze und wären eine nähere Erörterung allemal wert. Da gebe ich Muhr wie meistens recht.

  20. #20
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    An "Weihnachten für Kummersdorf" sieht man übrigens auch ganz gut, wie die Fuchs-Übersetzung manchmal die Rezeption der Geschichten verändert. Die innere Handlung wurde weitgehend 1:1 übernommen - vielleicht mit einer gewissen Abmilderung der Misanthropie Dagoberts -, aber für die Zustände in Shacktown hatte Barks deutlich drastischere Worte gefunden. Einige Beispiele:

    Barks: "Most everywhere, kids look forward to Christmas with goggle-eyed glee, but in Shacktown, Christmas promises to be just another bare, cold, hungry day!"
    Fuchs: "Überall singen die Kinder jetzt mit strahlenden Augen Weihnachtslieder und freuen sich auf den Heiligen Abend. Nur in Kummersdorf nicht! Dort ist die Armut zu groß, um Feste feiern zu können ..."

    Barks: "It makes me feel like a fat pig!"
    Fuchs: "Man kriegt richtig ein schlechtes Gewissen."

    Barks: "Let's build the track on the corner by crippled Joey's shack, so he can see the train go by!"
    Fuchs: "Die Schienen bauen wir vor Willis Fenster auf, weil er im Bett liegen muß, damit er auch was davon hat."

    Barks: "More fun than we ever had in our lives!"
    Fuchs: "Diesmal vergißt uns der Weihnachtsmann nicht."

    Ob sich in der Übersetzung der zur Zeit der deutschen Erstveröffentlichung aufkeimende Wirtschaftswunderoptimismus niedergeschlagen hat? Man weiß so wenig.

  21. #21
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    Zitat Zitat von Kasimir Kapuste
    Na ja. Meister seines Fachs war er mMn erst wesentlich später. Noch 1947 in "Eine Schreckensnacht" jammert er: "...die Kinder brauchen neue Zahnbürsten."
    So ziemlich der einzige Satz, den ich auf hollaendisch kann: "De neefjes hebben nieuwe tandenborstels nodig."


    Zitat Zitat von Kasimir Kapuste
    Fuchstext war nie "zielgruppengerecht". Und das ist auch gut so.
    Dein Wort in der Redakteure Ohr!

    Donald Duck ist mit Sicherheit nicht der sprichwörtliche Malocher. Damit er sich in eine Arbeit reinkniet, muß sie ihn schon interessieren. Dann kann er allerdings zu großer Form auflaufen.
    Der Arbeitsverweigerer schlechthin ist natuerlich Gustav Gans.

    Barks: "Most everywhere, kids look forward to Christmas with goggle-eyed glee,...
    Heute wohl eher: "... with google-eyed glee,..."

  22. #22
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    Ich will gar nicht wissen, wie jemand mit derart vielen Augen aussieht

  23. #23
    Mitglied Avatar von Vampire Hunter D
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    Zitat Zitat von Flintheart Glomgold
    Und letztendlich noch eine allgemeine Frage: Diese Geschichte erschien in Deutschland in der "Ich, Donald Duck"-Reihe auch unter dem banalen Titel "Donald Duck und der Unglücksgroschen". Wie lautet hier der deutsche Name von Shacktown?
    Ich bin alles andere als ein Disney-Experte und deshalb weiss ich auch nicht, ob es vielleicht mehrere Reihen unter dem Namen "Ich, Donald Duck" gab, aber einer meiner damaligen zwei Hardcover-Bände von Bertelsmann enthielt haargenau diese wunderbare Geschichte und dort hieß sie ganz normal "Weihnachten für Kummersdorf".

    Gab es noch eine andere "Ich, Donald Duck"-Ausgabe, in der dieser ominöse "Unglücksgroschen"-Titel verwendet wurde?
    Let us go out the evening for pleasure. The night is still young.

  24. #24
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    Ja, also, von den Duck-Bänden aus der "Ich,.." Reihe wurde in einer späteren Ehapa-Auflage auf die Erika Fuchs-Übersetzung zurückgegriffen, in den früheren Melzer-Bänden hingegen gab es eine eigenständige Übersetzung.

  25. #25
    Freiwillig ausgetreten Avatar von Brisanzbremse
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    Ich kenne jemanden, der diese Bände gerade indexiert und da mal nachsehen könnte...

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