Die Chroniken von Thomas Covenant

[flohte]

Nachdem gerade der erste Band der dritten Trilogie - Die Runen der Erde - erschienen ist( fast 30 Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes "Lord Foul`s Bane"), habe ich mir zur besseren Erinnerung den ersten Band noch mal vorgenommen. 1980 zu ersten Mal gelesen erhob ich die Geschichte um Thomas Covenant dem Zweifler niveaumäßig auf eine Stufe mit dem damals schon vielbemühten Tolkien (epische Ausmasse, ökologische Bedeutsamkeiten, Liebe und Abhängigkeiten von Natur ).
Trotzdem war ich damals - und bin es heute wieder - paarmal kurz davor, den Stoff in die Ecke zu knallen. Den Kontrast zwischen Prachtexemplaren von Gutmenschen und -wesen und diesem Dauerkotzbrocken von lepröser Egomanie empfand ich oft kaum erträglich. Noch nie hatte ich einen so unsympathischen Protagonisten in der Fantasy erlebt.
Was zieht mich jetzt wieder zu diesem morbiden Stoff?
Donaldson erfindet und schildert eine höchst lebendige Welt mit einzigartigen und auch neuen Geschöpfen, die allesamt dem Leser eine schlüssige Historie liefern und ans Herz wachsen können. Kaum eine Handlung wirkte auf mich unlogisch - bis auf den unseligen Zweifler, der allerdings als in seiner psychopathischen Beschreibung auch nicht logisch handeln kann- . jede Figur erhält Tiefe.
Habe mir vorgenommen, die erste Trilogie komplett zu lesen. Ob ich allerdings
die zweite auch schaffe, lasse ich dahingestellt. Die beinhaltet ja noch mal eine Steigerung an Zerstörung und Leid (Das verwundete Land).
Wer hats auch gelesen? Wie ging es euch mit der Story?

[Dave Deschain]

Ich kenne auch nur den ersten Band von damals her, als die zweite Trilogie neu war. Schon damals wurde der HdR zum Vergleich bemüht. Ich hatte Probleme mit dem Band. Die Rahmenhandlung fand ich ganz gut, aber die Fantasy-Welt an sich fand ich sehr bemüht. Das Übliche eben: eine Reise von A nach B, wobei A am einen äußersten Ende der Welt liegt und B am anderen. Auf dem Weg begegnet man unzähligen Wesen, eins fremdartiger als das andere und doch alle menschlich vertraut, die einen liebenswert, die anderen zum Fürchten, die liebenswerten sehen teilweise zum Fürchten aus, haben aber das Herz am rechten Fleck blabla... Etwas erwachsener als die Unendliche Geschichte, aber zu sehr HdR und zu sehr vom Fantasy-Reißbrett. Habe dann nicht weiter gelesen. Ich halte es mehr mit dem Wüstenplaneten.

[Leseratte88]

Hey Leute, möchte euch nur darauf hinweisen, dass es diesen Thread schon einmal gibt.

[Dave Deschain]

Meinst du noch einmal oder schon einmal? Der doppelte Thread ist wohl per Doppelpost entstanden, wie es mir in letzter Zeit auch häufig passiert, seit ich WLAN habe. Oder meintest du einen älteren Thread?

[flohte]

Hi Leseratte, Exilphilosoph hat recht, es war ein Doppelpost. Sorry.
Noch zum Thema: Stimme dem " Fantasy-Reissbrett" nicht ganz zu. Kenne selbst sehr viel vergleichbare Fantasy, die bis auf wenige Variationen aus einer Form zu stammen scheint. Genau das Gefühl, hier eine völlig innovative story (mit einigen vertrauten Zutaten, klar) zu erfahren, hat mich die unsägliche Person eines Covenant damals ertragen lassen. Und sowohl Sprache wie Düsternis der Handlungsfäden heben das Werk deutlich auf Erwachsenenlevel. Erinnert mich teilweise an griechische Tragödie (Katharsis etc.).

[Dave Deschain]

Habe Bekannte, die das auch so sehen. Aber bei mir kam es irgendwie nicht so an.

[Kane]

Ich fand Covenant gar nicht so unsymphatisch. Alles was er wollte war in Ruhe gelassen zu werden. Er wurde quasi jedes mal in ein Land und in einen Konflikt hineingezogen, mit dem er einfach nichts zu tun haben wollte, was ja sein gutes Recht war.

[flohte]

Habe gerade eine Rezension der "Bibliotheka Phantastika" entdeckt zum Debütband der Saga, die mir voll aus dem Herzen spricht.

http://www.bibliotheka-phantastika.de/veraechter.htm

Kann leider wegen copyright keine Auszüge zitieren. Möchte nur den Satz erweitern, in dem behauptet wird, "dieser Klassiker des Genres...." würde entweder abgrundtief gehaßt oder verehrt: ich meine, daß im (standhaften) Leser ein Mix aus beiden Gefühlen erzeugt wird.

[Ringmeister]

Als ich vor ca 15 Jahren die ersten beiden Trilogien las, ging es mir ähnlich, wie flohte den Satz aus der Rezension erweiterte: Ich weiß nicht so recht, wie ich zu Covenant stand. Meistens fand ich ihn negativ, kam mal was positives, ging es nicht lange gut und die Selbstbemitleidung fing wieder an...
Allerdings gibt es einige Szenen, an die ich mich immer noch erinnern kann und die damit wohl einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben:
Z. B. die Riesendrillinge oder auch der neunte Kreis des Wissens (diese komische Figur...).
Wenn jetzt eine dritte Trilogie erscheint, werde ich wohl die alten mal wieder lesen, zumindest quer.
Übrigens sind in Deutschland noch mehr Sachen von Donaldson erschienen: Ein Kurzgeschichtenband (Tochter der Könige, enthält auch "Lord Foul"-Material), die beiden Fantasy-Romane um den "Spiegel ihrer Träume" sowie der fünfbändige Amnion-Zyklus (sehr zu empfehlende SF).

Gruß

Rainer

[flohte]

Soll sogar eine Tetralogie werden. Voraussichtliche Titel:
Band 1 Die Runen der Erde (bereits erschienen)
Band 2 Fatal Revenant (Arbeitstitel)
Band 3 Shall Pass Utterly (Arbeitstitel)
Band 4 The Last Dark (Arbeitstitel)
Daß an eine Verfilmung seit 2004 zumindest gedacht wurde (oder wird), weiß ich auch erst seit kurzem:
Revelstone Entertainment has optioned the rights to the first six books in Stephen Donaldson's epic fantasy series "The Chronicles of Thomas Covenant" with a view to developing a film franchise.

Writer John Orloff ("Band of Brothers") will adapt the script for the first film.

Und lebhaft wird von den Fans diskutiert, ob die Balance zwischen adäquater Verfilmung und nötigem Kommerz möglich ist. Kann mir die Story auch nicht als Weihnachtsmehrteiler vorstellen.