Gizeh, bei der Sphinx
So dicht war die Finsternis, die ihn umgab, dass es Markus trotz seiner vampirischen Sinne schwer fiel, irgendetwas auszumachen. Seine Augen hatten sich inzwischen zwar soweit umgestellt, dass er die Silhouette der Sphinx einigermaßen klar abgrenzen konnte, doch konnte er keine weiteren Details ausmachen. Nur sein Geruchsinn verriet ihm, dass Gabrielle hier war und das Monument wohl erklommen haben musste.
Dann erklang ein klackendes Geräusch, als ein loser Stein auf Mauerwerk traf und noch ein paar weitere, leisere, als er hinab kullerte.
Gabrielle hatte sich einen Aufschrei verkniffen, als sie beim rückwärts Krabbeln auf allen Vieren mit ihre linken Hand auf einem scharfkantigen Stück Geröll niederließ und sofort zurückzuckte - doch sie hätte vermutlich ebensogut laut aufheulen können, denn durch ihre Bewegung war der Stein weggestoßen wurden und hinabgestürzt - ein Geräusch dass sie selbst durch die Watte wirkende Taubheit ihrer Ohren wahrnahm, wenngleich es nur schwach von links zu kommen schien ...
Gizeh, im Innern des Chephren-Taltempels
Dank Christines Warnung konnten Lykahn und Lilly rechtzeitig die Handflächen auf ihre Ohren pressen. Doch auch Amaryllis selbst war nun auf ihr Publikum aufmerksam geworden und als sie erkannte, was die Sängerin vorhatte, verengten sich ihre Augen zu schmalen Schlitzen. Doch ehe sie entweder selbst zum Angriff übergehen oder aber ihr Gehör schützen konnte, schnellte mit einem Mal Fatimah auf die Schamanin zu, den Scimitar empor gerissen, um ihn im nächsten Moment niedersausen zu lassen. "Tu es, Schwester!", gellte Fatimahs Stimme durch den Raum und vermengte sich mit dem metallenen Klang, als der Stahl ihrer Klinge den der Athame traf, welche Amaryllis schützend empor gerissen hatte und die ihr von der Wucht der Attacke sofort aus den Händen geschlagen wurde.
***
Sybilla nickte auf Willows Abschiedsworte und erwiderte ihr Lächeln. Und während ihre Züge hinter rotem Nebel zu verblassen begannen, erkannte Willow, dass in diesem Lächeln soviel Zuversicht wie auch Furcht lag. Die Seherin hatte ihre Hoffnungen auf sie gelegt ...
***
Willow spürte, dass sie aufzuwachen drohte. Das steife Stroh ihrer Pritsche stach sie, das Summen ihres Schutzbannes erklang wie hundert Bienenschwärme (wenngleich sie wusste, dass es kein solches Geräusch gab, so spürte sie dennoch die Aktivität der Magie und ihr Eindruck glich am ehesten diesem). Sie wehrte sich, sie wusste, dass sie nichts erwarten würde als Streit und Misstrauen innerhalb der Gruppe. Stattdessen sehnte sie sich den nächsten Morgen herbei, um ihren Plan in die Tat umzusetzen und mit Charlene zu verschwinden.
Oder früher schon?
Lesezeichen