@P_Mancini: Finde das witzig, dass du meinst, mir eine juristische Nachhilfestunde geben zu müssen, da ich mich in meiner Ausbildung damals sehr gründlich mit unserem Rechtssystem beschäftigen musste und auch im Grundstudium noch mal Öffentliches Recht hatte - aber danke.
Mit Rechtsverordnungen hatte ich in der Ausbildung ständig zu tun, weiß also sehr gut, dass diese aufgrund einer entsprechenden "Ermächtigung" in einem Gesetz von Ministerien erlassen werden können. Aber normalerweise gehen die Regelungskompetenzen doch dann vom Bundestag auf ein Bundesministerium oder von einem Landtag auf ein Landesministerium. Hier geht es ja darum, dass der Bundestag den Bundesgesundheitsminister ermächtigt, Verordnungen zu erlassen, die in die (bisherigen) Kompetenzen der Ministerpräsidenten hineinregieren. Die gewählten Landesregierungschefs werden praktisch entmachtet. Die Parlamente sind es ja schon längst, denn diese wurden ja seit Beginn der Coronakrise zu allen wichtigen Entscheidungen überhaupt nicht mehr gefragt. Das mag rein rechtlich alles in Ordnung sein, ich finde es aus demokratischer Sicht aber alles höchst bedenklich. Modellversuche wie in Tübingen oder jetzt im Saarland sind damit ab nächster Woche vom Tisch und Ministerpräsidenten mit anderer Meinung wie Hans und Kretschmer dürfen noch ein bisschen maulen, haben aber in ein paar Tagen quasi nichts mehr zu sagen. Wozu wählen wir dann noch Landesparlamente?
Ich hab übrigens vor etwa 13 Monaten tatsächlich mal in mein altes Grundgesetz und vor allem ins darin ebenfalls abgedruckte Infektionsschutzgesetz reingeguckt. (Inzwischen dürfte letzteres ja soweit verschärft worden sein, dass von der alten Fassung sowieso kaum noch was gilt.) Von Maßnahmen wie generellen Ausgangssperren stand darin nichts, auch nicht von Kontaktverboten für die gesamte Bevölkerung, unabhängig, ob man infiziert ist oder nicht. Was da steht, ist, dass die Behörden Ausgangssperren für Personen anordnen können, die mit einer übertragbaren Krankheit infiziert sind (aka Quarantäne). Diese ganzen generellen Beschränkungen standen also zumindest in der ersten Welle schon mal auf ganz dünnem juristischen Boden.
Mir unterstellst du "populistische Verfassungsuntergangsszenarien", aber was ist das bitte? Du unterstellst also der Union bzw. der Bundesregierung, sie würden vielleicht sogar die Bundestagswahl aussetzen, um länger an der Macht bleiben zu können. Alleine, dass du (nicht ganz unplausibel) überhaupt auf eine solche Idee kommen kannst, zeigt doch, wie skandalös die Regierenden zzt. agieren!Wem das nicht gefällt, muss demnächst weiter links wählen! Im September hat man dazu Gelegenheit, wenn da nicht auch diese Partei (bzw. Parteienunion) noch reingrätscht, weils grad bezüglich Wählergunst ungelegen kommt...
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