Band 1: Lösegeld für den König
Richard Löwenherz, gefangen in einem österreichischen Kerker, Prinz John, der unbedingt selbst regieren möchte und alles daran setzt, dass sein Bruder nicht zurückkehrt, Marian, die schöne angelsächsische Jungfer, Sherwood Forest, Steuereintreiber und das geknechtete, unter der Steuerlast ächzende Volk. Das Setting kennt fast jeder. Es geht natürlich um Robin Hood. Ausgehend von diesem Grundgerüst haben die Autoren so etwas wie eine alternative Welt erbaut. Im Vordergrund steht diesmal William Scarlett, der Sheriff! Er liebt seinen Job, hat aber das Problem, dass er für eine Seite Partei ergreifen muss. Er muss sich entscheiden, wen er unterstützen will. Er weiß, dass er zumindest seine Position riskiert, falls er auf das falsche Pferd setzt. Er kann zudem sicher sein, dass seine innige Beziehung zu Marian beendet sein wird, falls er John unterstützt. Was macht also ein ausgebuffter Profi wie William? Er versucht, die Sache so zu regeln, dass alle mehr oder weniger zufrieden sind.
Ist irgendetwas aufgefallen? Richtig, Robin Hood, der alte Strumpfhosenliebhaber, taucht nicht auf. Er wird an keiner Stelle erwähnt. Auf der Homepage von Splitter wird im Begleittext zum Comic die Frage in den Raum geworfen, was wäre, wenn der Sheriff unser Rächer der Enterbten war. Ich denke, wir werden es in den beiden folgenden Bänden erfahren.
Tatsächlich verläuft die Geschichte nicht in den gewohnten Bahnen. Bisher fehlt zum Beispiel Little John. „Bruder“ Tuck findet nur eine kurze Erwähnung als „Taube“. Wahrscheinlich ist er ein Spion des Sheriffs. Neue Mitspieler werden eingeführt. Oddard, der „Hauptmann“ und gleichzeitig beste Freund von William. Der fiese Steuereintreiber Hugh de Morville. Die Sherwood-Bande besteht aus einer alten „Hexe“ mit ihren 7 Spießgesellen, denen es ausschließlich um den eigenen Profit geht.
Die Geschichte beginnt furios mit einem Überfall. Es folgt so etwas wie ein Initiationsritus oder eine Aufnahmeprüfung, verbunden mit Rückblenden, die das aktuelle Geschehen erklären. Erst danach geht es dann richtig los. Das weitere Geschehen wird in chronologischer Reihenfolge erzählt. Die Bilder werden immer wieder unterlegt mit der Erzählstimme von Marian, die aus dem Off kommentiert und erläutert, was in der Zwischenzeit passiert ist.
Insgesamt ein sehr solider Start. Ein interessanter neuer Blick auf die bekannte und eigentlich auserzählte Story. Die ganz große Spannung entsteht zwar (noch) nicht. Trotzdem kommt keine Langeweile auf, weil sich der Leser ständig mit Abweichungen konfrontiert sieht, die das gewohnte Terrain verlassen. Dementsprechend ist das Ende auch durchaus überraschend, wenngleich absolut innerhalb der Erzähllogik.
Das Artwork gefällt mir sehr gut. Dellac beherrscht Actionszenen gleichermaßen wie die sehenswerten historischen Gebäude und Landschaften. Personen sind so gezeichnet, dass nicht lange überlegt werden muss, wer da zu sehen ist. Gestik, Mimik, alles sehr ansprechend. Klassischer FB-Stil. Insbesondere gelingen dem Künstler auch stimmungsvolle Bilder, wovon sich jeder auf den von Splitter eingestellten Seiten selbst überzeugen kann.
Fazit:
Vielleicht nicht überragend, aber für Freunde historischer Abenteuergeschichten schon allein wegen des Artworks zu empfehlen. Der zweite Band ist noch nicht angekündigt. Es wird also noch mindestens 6 Monate bis zur Fortsetzung der auf drei Bände angelegten Serie dauern. Ich werde am Ball bleiben.
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