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Markus_1969 :
... weil es in diesem Thread bisher nicht um Nachdrucke der von Casterman lizenzierten Alben gegangen ist, sondern um neue Ausgaben, die sich von diesen unterscheiden sollten.
Und die Lizenzverhandlungen zu diesen sind
nicht mit Casterman geführt worden.
Dass Moulinsart [oder, da Du Wert auf Genauigkeit legst, jetzt TintinImaginatio] versucht hat, die Rechtmäßigkeit des Vertrages, den Hergé 1942 mit Casterman geschlossen hat, vor Gericht anzufechten, hat die Rechtslage nicht klarer gemacht – solange das Verfahren gelaufen ist sowieso nicht, aber auch nicht danach.
Das Urteil zugunsten Castermans 2012 hat einen ganzen Katalog an Rechtsfragen aufgeworfen – schließlich gibt es auch Hergés Testament, es gibt die Originalseiten, an denen Casterman keine Rechte hält, auch nicht an deren Reproduktion. Woran aus dem Werk Hergés Casterman Rechte hält und woran nicht [und wie weit diese Rechte jeweils reichen], das müsste nach wie vor in jedem Einzelfall vor Gericht geklärt werden ... und Rodwell hat ja in der Vergangenheit oft genug unter Beweis gestellt, dass er bereit ist, jeden möglichen Prozess auch tatsächlich zu führen.
Außerdem hat sich die urheberrechtliche Gesetzgebung seit 1942 auch in Belgien ein paarmal verändert [das Urheberrecht ist in Belgien Bestandteil des
Wirtschaftsgesetzbuches ... und das, was der Link auf der von mir verlinkten Site nach dem Draufklicken enthüllt, ist allein schon von der Gestaltung her nur etwas für Furchtlose].
So einfach, wie es sich der oder die Verfasser zum Beispiel
dieses Wikipedia-Eintrags machen [dessen Fazit in etwa lautet, dass die Erben Hergés keinerlei Rechte an allem halten, was Casterman je gedruckt hat], scheint die Rechtslage jedenfalls nach wie vor nicht zu sein. Wenn dann noch hinzukommt, dass ein Vertrag wie der von 1942 nach dem in Deutschland heute gültigen Urheberrecht unzulässig wäre [weil das Recht des Werkschöpfers (dessen Nutznießer dessen Erben im Falle Hergés noch bis 2053 bleiben dürfen) durch den Vertragstext in einer Weise beschnitten würde, die dem Wortlaut und dem Sinn der geltenden Regelungen zuwiderliefe], wird der Rechtsrahmen für jeden Verlag, der heute einen Lizenzvertrag über eine vollkommen neu zusammengestellte und neu gestaltete Ausgabe der Werke Hergés abschließen will, ziemlich schwammig.
Von etwaigen moralischen Implikationen, die sich in Fragen wie der äußern, wem das Werk Hergés abseits der rechtlichen Regelungen „gehört“ und wem nicht, mal ganz abgesehen. Die mögen rechtlich nicht relevant sein, aber einen Shitstorm will vielleicht auch nicht jede Verlagsleitung riskieren.
Für einen in Deutschland ansässigen Verlag gälte heute jedenfalls, dass entweder der Urheber [hier: Hergés Rechtsnachfolger, die dessen Rechte geerbt haben] oder ein von den Urhebern lizenzierter Verwerter [hier: Casterman] ihnen eine Neuedition der Werke Hergés vertraglich erlauben müsste – und dass es diesem Lizenzgeber freisteht, bestimmte Bedingungen zu diktieren.
Ich gehe davon aus, dass Rodwell mit Argusaugen darüber wacht, dass Casterman nur das lizenziert, wozu Hergé den Verlag 1942 befugt hat.
Und das hieße, dass Carlsen allein schon wegen der Übersetzungen bei Moulinsart/TintinImaginatio nachfragen müsste ... und dass Casterman auch keinen vergrößerten Abdruck von
Tintin-Seiten freigeben dürfte, solange nicht auch die Erben einem solchen zugestimmt hätten.
War das jetzt etwas deutlicher?
Mit 1000 Grüßen,
JRN
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