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  1. #1
    Mitglied Avatar von Zardoz
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    Die Zeit der Wilden von Sébastien Goethals

    Fast wäre der Band durch mein Raster gefallen. Kleineres Format. Mehr oder weniger monochrom. Und schließlich der Preis. Bei 40,00 € komme jedenfalls ich ins Grübeln. Damit bewegen wir uns auf dem Niveau von Gesamtausgaben. Selbst für den Indienschwindel muss der geneigte Leser weniger auf den Tisch des Hauses legen. Bevor Horst jetzt Schnappatmung bekommt: Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass der Preis angemessen und/oder wirtschaftlich nicht anders darstellbar ist. Ich habe auch verstanden, die sich Preisgestaltung nicht maßgeblich an der Anzahl der Seiten orientiert, die hier mit ca. 265 Seiten allerdings beträchtlich ausgefallen ist. Aber absolut gesehen, wäge ich bei Preisen dieser Größenordnung genauer ab.
    Warum ist die Entscheidung dann doch für den Kauf gefallen. Drei Gründe. Zunächst der wichtigste: Sébastien Goethals hat mich bisher uneingeschränkt überzeugt. Zum anderen habe ich irgendwo gelesen, dass eine Splitter-Mitarbeiterin von der Graphic Novel begeistert ist, was immer auch ein Zeichen für Qualität bedeutet. Und last, but not least: der September ist für mich ein relativ günstiger Splittermonat, da einige sehr alte Serien fortgesetzt werden, bei denen ich (noch) nicht eingestiegen bin.


    Und? hat es sich die Investition gelohnt? Ein klares und eindeutiges „Ja“.


    Die Geschichte beruht laut Splitterbeschreibung auf dem „Survival-Handbuch für Unfähige“ von Thomas Gunzig. Autor, ein Belgier, und Werk waren mir bisher gänzlich unbekannt. In Wikipedia ist das Handbuch, soweit ersichtlich, nicht gelistet. Es ist die Geschichte von den vier erwachsenen Söhnen einer älteren Supermarktangestellten, die unter dem Vorwand einer Liebesbeziehung zu einem anderen Angestellten entlassen werden soll, weil sie Gewerkschaftsmitglied ist. Während des Kündigungsgesprächs wird sie versehentlich von Jean aus Nothilfe/Notwehr erschossen. Die Söhne schwören, Jean und dessen Familie zu töten. Die Geschichte spielt in naher Zukunft. Gen-Manipulationen sind nichts Ungewöhnliches. So wundert es auch niemanden, dass die Söhne optisch Wölfen ähneln und teilweise deren Eigenschaften haben. Pech für Jean. Wölfe jagen im Rudel. Wird es ihnen gelingen, Jean, seine Ehefrau, seinen Vater und die Schwiegereltern zu töten? Es bleibt spannend bis zum Schluss.
    Vordergründig ein Thriller angereichert mit Kapitalismuskritik. Sehr schön auch die deutschen Eigentümer der Supermarktkette, die Brüder Eichmann. Sie wecken Assoziationen zu Aldi oder den Dasslers. Allerdings scheinen die Eichmanns in trauter Zweisamkeit in einem unscheinbaren Haus zusammenzuleben. Man ist halt sparsam. Von den Brüdern erfahren wir auch etwas über Robert C. Baker und Feedbackprozesse. Durchaus interessant. Der Band bietet zudem viel Lesestoff, aber auch zahlreiche Actionszenen. Da darf Arnie Schwarzenegger natürlich nicht fehlen. Er ist mal wieder zurück. Diesmal aber nicht als Conan oder Actionhero, sondern als Alltags- und Lebensphilosoph. Ganz im Stil seines alten Kumpels Ralf „Auch Fallen ist ein Schritt nach vorne“ Moeller.
    Goethals wäre nicht Goethals, wenn er nicht sämtliche Protagonisten aus- und psychologisch durchleuchten würde. Motive und Handlungsweisen der Figuren sind immer plausibel und nachvollziehbar. Selbst Randfiguren wie Jeans Vater sind facettenreich und geben der Story einen gewissen Kick. Er ist Computerspielveteran und als „Devil Anarchy-54“ immer noch ungekrönter König des Spiels.
    Auf der Subebene geht um menschliche Verhaltensweisen sowie das Streben nach Glück und Erfüllung. Ob die Auflösung am Ende dann das Ziel alles Handelns sein sollte, weiß ich nicht. Jedenfalls wäre das Klimaproblem damit gelöst.
    Gegen Ende des Bandes erklärt sich übrigens, was auf der ersten Seite zu sehen ist.


    Das Artwork ist uneingeschränkt überzeugend. Gesichter, Bewegungsabläufe, Action, Szenerien - alles rund herum gelungen. Mir gefällt der sehr feine Strich, der Hintergünde zum Teil ins Schemenhafte verschwinden lässt.


    Fazit:
    Eine sehr kurzweilige Story mit schönen Zeichnungen. Für alle Goethals-Fans ein „must have.“ Alle anderen sollten zumindest einen Blick riskieren. Den noch Zweifelnden sei „Die Reise des Marcel Grob“ (https://www.splitter-verlag.de/die-r...rcel-grob.html) oder „Das Spiel der Brüder Werner“ (https://www.splitter-verlag.de/das-s...er-werner.html) empfohlen. Wer beide Werke gelesen hat, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit „Die Zeit der Wilden“ nicht entgehen lassen. Für mich der Splitter-Comic des Monats.

    https://www.comicforum.de/showthread.php?170575-Das-Spiel-der-Brüder-Werner
    https://www.comicforum.de/showthread...es-Marcel-Grob
    Geändert von Zardoz (27.08.2021 um 15:28 Uhr)

  2. #2
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    Jetzt komme ich ins Grübeln. Soll ich? Soll ich nicht?

  3. #3
    Mitglied Avatar von Zardoz
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    Eigentlich müsste der Comic in dein Beuteschema fallen.

  4. #4
    Mitglied Avatar von Largo Beutlin
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    Die Reise des Marcel Grob hat mir leider gar nicht gefallen, trotzdem würde mich Die Zeit der Wilden interessieren. Quasi dem Autor eine zweite Chance geben, da mich das Thema sehr interessiert.

    ABER der Preis schreckt mich ab, 41 EUR in Ö ist schlichtweg zuviel.... Vl erwische ich es mal second hand

  5. #5
    Mitglied Avatar von Kohlenwolle
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    Zitat Zitat von Gagel Beitrag anzeigen
    Jetzt komme ich ins Grübeln. Soll ich? Soll ich nicht?
    Zitat Zitat von Zardoz Beitrag anzeigen
    Eigentlich müsste der Comic in dein Beuteschema fallen.

    Ihr beide macht mich echt fertig. Aber ich habe auch schon länger überlegt, und werde dann doch wohl zuschlagen.
    Schöne Grüsse aus dem Kohlenpott


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